Translate

Mittwoch, 23. November 2016

Nirgendwo mehr Sicherheit für Kinder in Syrien – Save the Children fordert sofortige 72-Stunden-Feuerpause



Berlin, 23.11.2016. Save the Children fordert eine sofortige international überwachte 72-stündige Feuerpause, um Zugang für humanitäre Hilfe nach Ost-Aleppo zu ermöglichen und Kranke und Verletzte evakuieren zu können. Die UN und oppositionelle Gruppen haben dem ungehinderten Zugang eines Hilfskonvois zugestimmt, der beginnen kann, sobald sich alle Parteien auf einen Waffenstillstand geeinigt haben.

Seit letztem Dienstag wurde Aleppo erneut ununterbrochen bombardiert. Hunderte Menschen starben und unzählige mehr wurden verletzt. Dabei wurde auch das letzte noch existente Kinderkrankenhaus zerstört. Laut der WHO gibt es in der Gegend jetzt keine funktionierenden Krankenhäuser mehr. In den ländlichen Gegenden nahe Ost-Aleppo und Idlib wurden allein in den vergangenen 10 Tagen fünf Krankenhäuser und eine mobile Gesundheitsklinik bombardiert. Deshalb verstärkt das medizinische Personal die Sicherheitsmaßnahmen auch über Aleppo hinaus im gesamten Nordwesten Syriens.

In 13 Schulen, die von Save the Children unterstützt werden, wurde aufgrund verstärkten Beschusses der Unterricht in den letzten Tagen ausgesetzt. Unterdessen wurden am Sonntag mindestens sieben Kinder bei dem Angriff auf eine Schule im von der Regierung kontrollierten West-Aleppo getötet.
Unter den Todesopfern vom Wochenende war auch die Mitarbeiterin einer in Ost-Aleppo von Save the Children unterstützten Schule. Die 27-jährige Maram und ihr 6 Monate alter Sohn Abdullah wurden gefunden, nachdem Kollegen und Freiwillige bereits einen ganzen Tag unter dem Schutt nach Überlebenden gesucht hatten. Marams Tod folgt der schweren Verletzung eines anderen mit Save the Children assoziierten Lehrers, dem in der vergangenen Woche in Folge eines Luftschlags ein Bein amputiert werden musste.

Statement zur tödlichen Lage vor Ort von Sonia Khush, der für Syrien zuständigen Direktorin bei Save the Children:

„Eigentlich war unvorstellbar, dass die Situation in Aleppo noch dramatischer werden könnte. Dennoch haben sich über das Wochenende absolut grauenerregende Szenen abgespielt: überfüllte Notaufnahmen, Kinder, die Chlorgas eingeatmet hatten und nur schwer atmen konnten, die verwirrt und von ihren Familien getrennt waren; Frühchen, die aus beschädigten Brutkästen gerettet wurden, um sie in durch die Bombeneinschläge verrauchten Räumen in Sicherheit zu bringen.

Die noch intakten Krankenwagen und mobilen Gesundheits-Einheiten werden tun, was sie können, solange sie nicht selbst angegriffen werden, aber sie haben nur sehr begrenzten Platz für Patienten und nicht mal ansatzweise genug Ausrüstung für die Vielfalt und Schwere der Verletzungen, derer sie sich annehmen müssen.

In diesem Konflikt gibt es nirgendwo mehr einen sicheren Ort für Kinder. Sie und die Hilfskräfte werden von Raketen beschossen, während sie auf der Schulbank sitzen oder in einem Krankenhaus Heilung für ihre Wunden suchen. Die normalerweise sicheren Zufluchtsorte sind zu Todeszonen geworden. Es ist ein moralisches Verbrechen, dass immer mehr Kinder in Aleppo sterben, während kaum etwas dafür getan wird, um die Bombardements zu beenden und die Kriegsparteien für diese Angriffe auf Zivilisten zur Verantwortung zu ziehen. Die Konfliktparteien müssen sich auf einen sofortigen Waffenstillstand einigen und dazu verpflichten, dass zivile Opfer evakuiert und lebenswichtige Hilfe in die Gebiete gebracht werden können!“


Kontakt:

Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle
Diane Nakschbandi                                                                 
Anna Blässer
Tel.: +49 (172) 466 73 33                                                         
Tel: +49 (30) 27 59 59 79 740    


Für mehr aktuelle Informationen folgen Sie uns online:           
@stc_de                      







Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001