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Sonntag, 25. Juni 2017

Kia Ora SOFIA: fliegende Sternwarte wieder in Neuseeland zu Gast


Quelle: DLR (CC-BY 3.0).


 

Stratosphären-Observatorium von DLR und NASA erforscht mit drei Instrumenten den Südhimmel

Kia Ora - so begrüßen die Māori, das indigene Volk Neuseelands, traditionell ihre Gäste. Am 23. Juni 2017 um 1.05 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (11.05 Uhr Ortszeit) war es wieder einmal Zeit für diese Grußformel, denn ein ganz besonderer Ankömmling ist am "anderen Ende der Welt" auf dem Flughafen Christchurch gelandet: Die fliegende Sternwarte SOFIA des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA wird zum vierten Mal über mehrere Wochen - bis zum 10. August 2017 - in 25 Beobachtungsflügen den Südhimmel ins Visier nehmen. Bereits am 26. Juni wird das Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie - kurz SOFIA - zum ersten Wissenschaftsflug der diesjährigen Kampagne starten.

Lange Winternächte liefern ungetrübte Einblicke

SOFIA ist am 21. Juni 2017 von ihrer Heimatbasis in Palmdale in Kalifornien gestartet und nach einem Zwischenstopp zum Auftanken auf Hawaii in Christchurch gelandet. Die fliegende Sternwarte nutzt die langen Winternächte in Neuseeland, da hier während dieser Zeit die Wasserdampfkonzentration in der irdischen Atmosphäre sehr viel geringer als in unserem Sommer auf der Nordhalbkugel ist. "Das sind ideale Voraussetzungen für ungetrübte Beobachtungen. Denn schon kleinste Mengen an Wasserdampf in der Luft können die Infrarotstrahlung aus dem All "verschlucken", sodass diese nicht mehr von den Spektrometern gemessen werden kann", erklärt DLR-Projektleiter Heinz Hammes.

In einer Flughöhe von rund 13 Kilometern fliegt SOFIA weitestgehend über dem Wasserdampf und kann so von Neuseeland aus prominente Sternentstehungsgebiete wie die Große und die Kleine Magellansche Wolke ungetrübt betrachten und untersuchen: "Diese Regionen kennen wir zwar schon von optischen Beobachtungen. Im Infrarotbereich sind sie bisher allerdings kaum erforscht. Hier knüpfen wir nahtlos an die letzte Beobachtungskampagne vom Juni 2016 an, um noch mehr über diese Gebiete zu erfahren", so Hammes. Um Materiebewegungen zu untersuchen, wird das SOFIA-Teleskop auch auf das Zentrum der Milchstraße gerichtet, das von der südlichen Hemisphäre wesentlich besser und länger als vom Nordhimmel aus zugänglich ist.

Drei Instrumente für unterschiedliche Beobachtungen

Damit SOFIA ihre vielfältigen Beobachtungen machen kann, werden an das 2,7 Meter durchmessende Spiegelteleskop verschiedene Instrumente angeschlossen. "In diesem Jahr kommen in Neuseeland wieder drei Beobachtungsinstrumente zum Einsatz. Mit ihnen können die Wissenschaftler Sternentstehungsgebiete in den verschiedensten Stadien ihrer Entwicklung untersuchen", erklärt Hammes. So kommen während dieser Kampagne die in Deutschland gebauten Ferninfrarotspektrometer GREAT (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies) und FIFI-LS (Field-Imaging Far-Infrared Line Spectrometer) sowie das US-amerikanische Instrument FORCAST (Faint Object InfraRedCAmera for the SOFIA Telescope) zum Einsatz. Mit ihnen lässt sich die Gesamtdynamik der Sternentstehung im Detail untersuchen und spektrale "Fingerabdrücke" von Atomen und Molekülen nehmen, um Gasdichten, Temperaturen und Geschwindigkeiten der Wolken zu bestimmen.

Mit GREAT spektroskopisches Neuland erkunden

Ursprünglich betrieb das Spektrometer GREAT einen Detektor, um damit beispielsweise mehr über die chemische Zusammensetzung von Sternentstehungsgebieten zu erfahren. Bei dieser Kampagne kommen nun zwei wesentlich verbesserte Versionen des Instruments zum Einsatz: upGREAT besitzt 21 Detektoren, die auf zwei sogenannten Arrays (14+7) angeordnet sind und nun zum ersten Mal die gleichzeitige Beobachtung bei zwei unterschiedlichen Frequenzen parallel ausführen. Mit 4GREAT werden die spektroskopischen Möglichkeiten dann noch bis hinunter zu 490 GHz erweitert (besonders interessant für Spektrallinien von Wasser und Ammoniak) und mit vier Einzeldetektoren Beobachtungen in vier unterschiedlichen Frequenzbereichen gleichzeitig durchgeführt.

"Mit diesen Erweiterungen erhöht sich die Leistungsfähigkeit und die Beobachtungseffizienz unseres Instruments um mehr als das Zehnfache und neue bislang unerforschte Frequenzbereiche werden erschlossen ", erläutert Dr. Rolf Güsten, der Leiter des GREAT-, 4GRAT- und upGREAT-Instruments vom Max-Planck Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn. "In diesem Jahr reichen die Untersuchungen von Kartierung des atomaren Sauerstoffs in den Magellanschen Wolken und im Galaktischen Zentrum zu Studien der Chemie protoplanetarer Scheiben und Planetarischer Nebel, bis hin zur Suche nach im Weltall bislang nicht nachgewiesener Moleküle", ergänzt Dr. Güsten.

FIFI-LS misst Daten zur Sternentstehung

Bereits zum zweiten Mal erkundet FIFI-LS die Südhemisphäre. Dieses Instrument mit zwei Detektorarrays misst bei deutlich mehr Wellenlängen als GREAT und kann schneller großflächige Kartierungen ausgedehnter Molekülwolken vornehmen. FIFI-LS wird wieder insbesondere die Elemente Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenstoff in Sternentstehungsgebieten und im interstellaren Medium - dem Raum zwischen den Sternen - beobachten. Diesmal gerät sowohl unsere Milchstraße als auch ein riesiges Sternentstehungsgebiet der Großen Magellanschen Wolke sowie andere entferntere Galaxien ins Visier. "Damit können wir auch erstmals eine detailgetreue Inventur der Materie in der Umgebung des galaktischen Zentrums durchführen", erläutert Prof. Alfred Krabbe, Leiter des FIFI-LS-Instruments und des Deutschen SOFIA Instituts (DSI) an der Universität Stuttgart. "Außerdem wollen wir die Materiebewegungen in der Umgebung des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße verstehen. Das geht nur mit SOFIA von Neuseeland aus."

Kampagnen-Abschluss mit Instrument FORCAST

Bei seinen sechs Einsätzen misst FORCAST bei kürzeren Wellenlängen als FIFI-LS und GREAT und beobachtet insbesondere Staubscheiben um neu entstandene Sterne, aber auch die von alten Sternen und Supernovae ins Weltall zurückgeschleuderten Staubmassen. Am 13. August soll SOFIA wieder nach Palmdale zurückfliegen. Nach einer Wartung des Flugzeugs und des Teleskops sollen dann ab Anfang September bis Mitte November 2017 weitere 32 Wissenschaftsflüge von Kalifornien aus durchgeführt werden.

SOFIA

SOFIA, das "Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie" ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) und der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Es wird vom DLR Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), des Landes Baden-Württemberg und der Universität Stuttgart durchgeführt. Die Entwicklung der deutschen Instrumente ist finanziert mit Mitteln der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des DLR. Der wissenschaftliche Betrieb wird auf deutscher Seite vom Deutschen SOFIA-Institut (DSI) der Universität Stuttgart koordiniert, auf amerikanischer Seite von der Universities Space Research Association (USRA).



Kontakte:

Martin Fleischmann  
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Raumfahrtmanagement, Kommunikation
Tel.: +49 228 447-120
Fax: +49 228 447-386

Heinz-Theo Hammes  
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Raumfahrtmanagement, Extraterrestrik
Tel.: +49 228 447-377
Fax: +49 228 447-745


Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001