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Dienstag, 5. September 2017

Hitze verschärft Wassermangel in Europas Gemüsegarten


Jülicher Forscher suchen gemeinsam mit Kollegen vor Ort nach langfristigen Lösungen
Jülich, 04. September 2017 – Ob Spanien, Italien oder Griechenland – die Mittelmeerländer leiden in diesem Sommer unter einer anhaltenden Hitzewelle. Nicht nur manchem Urlauber ist das zu viel, Obst- und Gemüsebauern stellt die Situation vor eine große Herausforderung: Für sie wird es noch schwieriger, ihre Felder ausreichend zu bewässern. Dieses Problem könnte sich langfristig weiter verschärfen. Studien warnen vor zunehmender Trockenheit infolge des Klimawandels. Umweltmessungen von einheimischen Forschern in Kooperation mit Jülicher Wissenschaftlern sollen helfen, Anpassungsstrategien zu entwickeln.
Treibhäuser und Plantagen, so groß wie mehrere Fußballfelder: Der Mittelmeerraum gilt als Europas Gemüsegarten, vor allem im Winterhalbjahr. Die Bewässerung der Felder verschlingt jedoch in einigen Regionen pro Jahr mehr Wasser, als die Natur produziert. Forscher glauben, dass sich die Situation durch den Klimawandel weiter verschärfen wird. Schon jetzt sind erste Folgen erkennbar: Durch den hohen Wasserverbrauch der Landwirtschaft sinkt beispielsweise an manchen Orten der Grundwasserspiegel, die Wasserqualität nimmt ab und in Küstenregionen dringt salziges Meerwasser ins Grundwasser ein. Gleichzeitig kommt es durch den Klimawandel zu längeren Dürreperioden. Die anhaltende Trockenheit erhöht die Gefahr von Waldbränden. Andererseits erleben einige Regionen immer wieder Starkregen, die zu Überflutungen führen und Hänge abrutschen lassen.

Messdaten fehlen

Die Mittelmeerländer müssen sich anpassen und geeignete Maßnahmen entwickeln – auch um die Landwirtschaft als wichtige Einnahmequelle langfristig zu sichern. Dazu gilt es, möglichst genau zu wissen, wie sich das Klima vor Ort entwickeln wird. Für langfristige Prognosen fehlen jedoch konkrete Messdaten, etwa zum Niederschlag, zum Wasserabfluss oder zur Bodenfeuchte. Regionale Beobachtungsplattformen sollen das nun ändern. Zusammen mit Kollegen vor Ort bauen Jülicher Forscher vom Institut für Bio- und Geowissenschaften, Bereich Agrosphäre, drei solcher Observatorien in Italien, Griechenland und Spanien auf.
In Spanien wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beispielsweise den Wasserverbrauch für die Bewässerung eines Zitrusfeldes bei Picassent südlich von Valencia um bis zu 20 Prozent reduzieren. Die Region ist eines der Hauptanbaugebiete von Orangen, Clementinen und Zitronen. In Italien untersuchen die Forscher das Einzugsgebiet des Flusses Alento südlich von Neapel. Hier geht es um die Auswirkungen der Landwirtschaft auf Nitratwerte der Trinkwassertalsperre Piana della Rocca sowie um die Gefahren durch zunehmende Waldbrände. Der Wasserverbrauch der Landwirtschaft ist ein wichtiges Thema in der Ebene von Thessalien, einer der produktivsten landwirtschaftlichen Regionen Griechenlands. In dem Observatorium im Einzugsgebiet des Flusses Pinios beschäftigen sich die Forscher mit der nachhaltig nutzbaren Grundwassermenge, dem Bewässerungsbedarf der Landwirtschaft und dem Wasserverbrauch der Macchie, einer natürlichen Vegetationsform im ganzen Mittelmeerraum, die einen großen Teil der natürlichen Wasservorräte verbraucht. Von den jeweiligen Ergebnissen sollen auch andere Regionen profitieren.
Die Jülicher Forscher bringen in die Aktivitäten am Mittelmeer ihre Erfahrung aus der Helmholtz-Initiatve Terrestrial Environmental Observatories (TERENO) ein, die seit 2008 mit einem vergleichbaren Netzwerk die regionalen Folgen des Klimawandels in Deutschland untersucht. Die Kooperation mit den Mittelmeerländern wird über die Helmholtz-Initiative ACROSS finanziert.
Grafik Durstige Nahrung ohne Angaben
Wasserverbrauch unterschiedlicher Obst- und Gemüsesorten beim Anbau: Oliven brauchen am meisten Wasser, bis sie geerntet werden können. Möhren sind dagegen genügsame Wasser-Verbraucher.
Copyright: Water Footprint Network / Grafik: Seitenplan

Weitere Informationen:

Ansprechpartner:

Prof. Harry Vereecken
Direktor des Instituts für Bio- und Geowissenschaften, Bereich Agrosphäre (IBG-3 ) und Koordinator von TERENO
Tel.: 02461 61-4570
E-Mail: h.vereecken@fz-juelich.de
Dr. Heye Bogena
Tel.: 02461 61-6752
E-Mail:h.bogena@fz-juelich.de
Prof. Harrie-Jan Hendricks-Franssen
Tel.: 02461 61-4462
E-Mail: h.hendricks-franssen@fz-juelich.de
Prof. Frank Wendland
Tel.: 02461 61-3165
E-Mail: f.wendland@fz-juelich.de

Pressekontakt:

Erhard Zeiss
Pressereferent
Tel.: 02461 61-1841
E-Mail: e.zeiss@fz-juelich.de

Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001