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Samstag, 19. August 2017

Im Schatten des Mondes - Totale Sonnenfinsternis in den USA


Quelle: ESO

  • Am 21. August 2017 ist eine totale Sonnenfinsternis (SoFi) in den USA. Der kegelförmige Mondschatten rast dabei - erstmals seit fast 100 Jahren - von der West- an die Ostküste durch 14 Bundesstaaten, von Salem (Oregon) bis nach Charleston (South Carolina). Die "SoFi" macht auf einem rund 100 Kilometer schmalen Streifen für maximal zwei Minuten und 40 Sekunden den Tag zur Nacht.
  • In den übrigen USA, in ganz Kanada, Grönland und Mittelamerika sowie in Teilen Südamerikas wird die Sonne nur partiell durch die Mondscheibe verdeckt - ebenso in Westeuropa, wo sich von Oslo über London, Santiago de Compostela und die Kanareninsel La Palma kurz vor Sonnenuntergang mitteleuropäischer Zeit bei klarem Himmel eine teilweise Sonnenfinsternis verfolgen lässt.
  • Die nächste totale Sonnenfinsternis verläuft am 2. Juli 2019 über dem südlichen Pazifik und Südamerika, die nächste in Europa (Island und Spanien) ist erst am 12. August 2026.
Eine totale Sonnenfinsternis ist für Beobachter spektakulär: "Etwa 30 Sekunden bevor die Sonne ganz hinter der Mondscheibe verschwindet, wird es mitten am Tag merklich dunkler, so, als habe jemand heftig am Dimmer einer Lampe gedreht", erläutert Dr. Manfred Gaida, Astrophysiker im Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn, das Phänomen. Der Mond schiebt sich vor die Sonne, bis nur noch ein leuchtender Strahlenkranz, die Korona, zu erkennen ist. Dort, wo sein kegelförmiger Kernschatten die Erde trifft, verdunkelt sich der Himmel. Etwa 75 bis 90 Minuten vorher beginnen die partiellen Phasen der Verfinsterung. Ebenso lang dauert es nach der Finsternis, bis die "Rundumdämmerung" wieder vollkommen verschwunden ist.
Sonnenfinsternisse kommen in drei Arten vor: partiell, ringförmig und total - und im seltenen Fall als eine Kombination von ringförmig und total. Dabei ist die jeweilige Konstellation von Erde, Mond und Sonne entscheidend. Manfred Gaida: "Je weiter der Mond von der Erde entfernt ist und je näher die Sonne zur Erde steht, desto eher kommt es zu einer ringförmigen SoFi. Ist der Mond der Erde jedoch relativ nahe und die Sonne relativ fern, so wie jetzt, ist die Wahrscheinlichkeit für eine totale Sonnenfinsternis groß. Eine Rolle spielt auch, wo die Sonnenfinsternis auf der Erdoberfläche stattfindet. In den Polarregionen sind partielle Verfinsterungen die häufigsten."
Credit: NASA/Goddard Space Flight Center Scientific Visualization Studio

Die letzte von Deutschland aus beobachtbare totale Sonnenfinsternis war am 11. August 1999. "Genau 18 Jahre, zehn Tage und acht Stunden später findet nun am 21. August 2017 ihre so genannte ‚Tochterfinsternis‘ im Saroszyklus Nr. 145 statt", erklärt DLR-Wissenschaftler Gaida, und ergänzt: "Weil sich in acht Stunden Zeitunterschied die Erde um circa 120 Grad in geographischer Länge weiter von West nach Ost gedreht hat, verläuft der Totalitätsstreifen jetzt über dem nordamerikanischen Kontinent." Die Weltraumbehörde NASA berichtet live über die "Great American Eclipse". Diese ist seit dem 8. Juni 1918 die erste totale Sonnenfinsternis, die wieder vom Pazifik bis zum Atlantik quer über die USA hinwegzieht.
Doch was ist es, das die Menschen seit jeher an diesem kosmischen Schauspiel fasziniert? "In vergangenen Zeiten deutete man Finsternisse als Zeichen des Schicksals, denn die Sonne galt als Quell des Lebens und als Gottheit. Schon die alten Babylonier kannten mathematische Regeln, mit denen sich Sonnen- und Mondfinsternisse vorhersagen ließen", berichtet Manfred Gaida. Sie fanden heraus, dass Finsternisse ähnlicher Art und Form im Abstand von 6.585 1/3 Tagen aufeinander folgen und nannten diese spezielle Abfolge "Saros". Nach Ablauf einer "Sarosperiode" nehmen Mond, Erde und Sonne nahezu wieder die gleiche Stellung zueinander ein, sodass sich Sonnen- und Mondfinsternisse nach diesem Zeitraum unter fast denselben Bedingungen wie 18 Jahre zuvor wiederholen. Außer dem Saros lassen sich auch andere Finsternis-Zyklen berechnen, doch keiner ist laut Gaida so elegant und einprägsam wie dieser.
Nach einer eher geographisch-mathematischen Analyse der Sonnenfinsternisse im 17. und 18. Jahrhundert, waren diese Ereignisse ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine willkommene Gelegenheit für die damals noch junge spektroskopische Forschung. Mit ihrer Hilfe entdeckte man 1868 bei einer Finsternis in der Sonne - unter anderem - das Element Helium. Mithilfe von Fotografien konnten Astronomen damals auch klar nachweisen, dass die Sonnenkorona und die bogenförmigen, leuchtenden Materieströme, die Protuberanzen, tatsächlich zur Sonne gehören und nicht zum Mond und auch keine rein atmosphärischen Erscheinungen sind, die nur bei Sonnenfinsternissen zutage treten. "Die Sonnenfinsternis vom 29. Mai 1919 gilt aber bislang als die wissenschaftlich bedeutendste, denn sie untermauerte Albert Einsteins 1915 veröffentlichte Allgemeine Relativitätstheorie", so Gaida, "und diese Theorie ist ja selbst nach 100 Jahren noch immer von vitalem Forschungsinteresse, wie es die jüngsten Entdeckungen der Gravitationswellen zeigen."

  • Was passiert bei einer totalen Sonnenfinsternis?

    Eine totale Sonnenfinsternis läuft in vier Phasen ab. Zum Schutz der Augen muss mit Ausnahme der kurzen Dauer der totalen Verfinsterung unbedingt eine spezielle SoFi-Brille mit geprüftem Schutzfilter getragen werden. Wer ohne Brille in die Sonne schaut, riskiert gravierende Augenschäden bis hin zur Erblindung.
    1. Kontakt: Der Neumond berührt scheinbar die Sonne und es schließt sich die partielle Phase an. Brille auf!
    2. Kontakt: Die totale Verfinsterung beginnt und die Sonnenkorona leuchtet auf. Brille ab!
    3. Kontakt: Die totale Phase endet und wechselt wieder zur partiellen. Brille wieder auf!
    4. Kontakt: Neumond- und Sonnenscheibe berühren sich an einem gemeinsamen letzten Randpunkt und trennen sich dann. Brille weiterhin auf!

Kontakte

 

Elisabeth Mittelbach 
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
 
Kommunikation, Raumfahrtmanagement
 
Tel.: +49 228 447-385
 
Fax: +49 228 447-386
Dr. Manfred Gaida 
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
 
Raumfahrtmanagement, Extraterrestrik 

Tel.: +49 228 447-417
 
Fax: +49 228 447-745

Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001