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Mittwoch, 10. August 2016

Neuer Algorithmus optimiert Stabilität von planaren Draht-Objekten | Erstmalige mathematische Formulierung von IST Austria Informatik Professor Bernd Bickel löst bekanntes Problem in der technischen Modellierung


Algorithmus korrigiert Verbindungspunkte von Objekten aus Drahtbiegemaschine für optimierte Stabilität | Anpassungen von Design und Struktur berechnet | Einsatzbereich im Rapid Prototyping möglich

Bei der jährlichen Top-Konferenz der „Special Interest Group for Computer Graphics” (SIGGRAPH) der „Association for Computing Machinery” (ACM) in Anaheim, USA, präsentierten IST Austria Professor Bernd Bickel und seine Forschungsgruppe einen Algorithmus, der eine Verbesserung der technischen Modellierung von planaren, ineinandergreifenden Drahtstrukturen erlaubt.  Nach dem ersten Schritt des Designs einer ansprechenden Struktur, wie z.B. eines Autos oder einer Ente, werden die Konturen des Objekts mit Hilfe des neuen Algorithmus überarbeitet. Auf diese Weise werden notwendige Anpassungen der Struktur und Verbindungspunkte berechnet, die eine optimale Stabilität der Objekte aus der Drahtbiegemaschine garantieren. Die 2D Strukturen werden anschließend ohne Verwendung von Konnektoren oder Lötstellen zu einem 3D Objekt zusammengesetzt.

„Wir konnten eine mathematische Formulierung für ein spannendes Problem finden und in einem weiteren Schritt dadurch auch lösen. Die Software kann in Zukunft für Designer oder Ingenieure interessant sein“, sagt Bernd Bickel bezüglich des kürzlich entwickelten Algorithmus. Die Software ermöglicht sowohl Anwendungen in der Kunst, als auch in der Herstellung von Prototypen. Die Drahtfiguren stellen durch kurze Produktionszeit und geringen Materialaufwand bei gleichzeitig linearer Skalierbarkeit der physikalischen Objektgröße eine extrem schnelle und effiziente Alternative für die Herstellung von sog. „Low-Fidelity Rapid Prototypen“ dar. Die Software erlaubt die Überprüfung auf Funktion und Stabilität, sodass nur mehr ein optimales Objekt anstatt vieler Testversionen hergestellt werden muss.

Bernd Bickel kam 2015 als Assistant Professor ans IST Austria. Davor schloss er 2006 sein Masterstudium der Informatik an der ETH Zürich ab. Sein PhD Studium absoliverte er bei der Forschungsgruppe von Markus Gross, Professor für Informatik an der ETH Zürich und  Direktor des Disney Research Forschungsinstitutes in Zürich. Von 2010 bis 2012 war Bickel Gastprofessor an der TU Berlin und danach bei Disney Research in Zürich als Forscher und Gruppenleiter tätig, wo er Fragestellungen zu Simulation, Design und Herstellung von Materialien und Objekten untersuchte. 2015 erhielt er den Microsoft Visual Computing Award. Der Fokus seiner Forschung richtet sich auf Computergrafik und der Überschneidung mit Animation, Biomechanik, Materialwissenschaft und digitale Fabrikation. Der Computerwissenschaftler Bernd Bickel interessiert sich für Computergrafik und ihre Überschneidungen mit Animation, Biomechanik, Materialwissenschaft und digitaler Fabrikation. Sein zentrales Ziel ist es, die Grenzen der effizienten Erstellung, Simulation und Reproduktion digitaler Inhalte mit moderner 3D-Drucktechnik auszuloten. Gemeinsam mit anderen Professoren des IST Austria startete er die „Visual Computing @ IST Austria” Plattform, um den starken Fokus im Forschungsbereich des „Visual Computing” am IST Austria und den unterschiedlichen Fragestellungen der verwandten Fachbereiche sichtbar zu machen. Die Plattform dient als zentrale Quelle, um die Entwicklungen am Institut in diesem Bereich nachzuverfolgen und bietet einfachen Zugang zu neuesten Publikationen, Beschreibungen aktueller Projekte sowie Videos. Bei Interesse kann diese Seite besucht werden: visualcomputing.ist.ac.at

Referenz: Computational Design of Stable Planar-Rod Structures, Miguel, Lepoutre, Bickel. ACM Transactions on Graphics 35(4) (SIGGRAPH 2016)

Stefan Bernhardt
Head of Communications & Events, Media Relations

Institute of Science and Technology Austria
Am Campus 1
A-3400 Klosterneuburg


E-Mail: stefan.bernhardt@ist.ac.at | Tel: +43/(0)2243/9000-1092 | Mobil: +43/(0)664/886 87 700



Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001