Lohfert-Preis 2016:
Portrait des Preisträgers
Die moderne Medizin hat die Anzahl der Behandlungsmöglichkeiten
in nahezu jeder Krankheitssituation vergrößert. Dadurch sind Patienten,
medizinisches und pflegerisches Personal stärker als bisher gefordert, aktiv zu
entscheiden, welche Maßnahmen sinnvoll sind und welche nicht. Wissenschaftler
aus München und Heidelberg haben eine Leitlinie entwickelt, die Krebspatienten,
Angehörige und Behandlungsteams unterstützen soll, frühzeitig und wiederholt
offene Gespräche zu führen. Dadurch kann der Patient seine Situation am
Lebensende realistischer einschätzen und dem Arzt die eigenen Wünsche besser
mitteilen. Das gemeinsame Projekt des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen
(NCT) Heidelberg und des Universitätsklinikums München wurde mit dem
Lohfert-Preis 2016 ausgezeichnet.
Das NCT Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des
Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Deutschen Krebshilfe.
Die Lohfert Stiftung zeichnet jährlich praxiserprobte und
nachhaltige Konzepte in der Medizin aus, die den Menschen, seine Bedürfnisse
und seine Interessen in den Mittelpunkt rücken. Das Ziel der 2010 gegründeten
Stiftung ist es, den Weg des stationären Patienten im Krankenhaus, die
Kommunikation in den Kliniken und die Patientensicherheit zu verbessern.
Lohfert-Preisträger 2016 sind Prof. Dr. Dr. Eva Winkler vom NCT Heidelberg und
Dr. Pia Heußner vom Universitätsklinikum München mit ihrem Projekt
"Therapiebegrenzung: Verbesserung der gemeinsamen Entscheidungsfindung mit
onkologischen Patienten". Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert. Die
Preisverleihung erfolgt am 21. September 2016 während des 12.
Gesundheitswirtschaftskongresses in Hamburg.
Am Lebensende entscheiden sich viele Patienten für mehr
Lebensqualität und gegen weitere lebensverlängernde Maßnahmen. Es gibt aber auch
Menschen, die eine Maximaltherapie wünschen, selbst wenn die Hoffnung nur noch
sehr gering und ein Nutzen nicht mehr wahrscheinlich ist. Andere wollen ihre
Prognose lieber gar nicht wissen. Es kommt leider auch vor, dass Patienten
nicht nach ihren Wünschen gefragt oder diese nicht dokumentiert werden. Wenn
dann die weitere Behandlung geplant werden soll, kann es zu Konflikten zwischen
den Betroffenen und dem medizinischen Personal kommen.
Laut einer Untersuchung der Thoraxklinik des
Universitätsklinikums Heidelberg und des NCT Heidelberg gaben 93 Prozent der
insgesamt 194 befragten Krebspatienten an, dass sie am Lebensende mitbestimmen
wollen. Doch nur 61 Prozent der Befragten fühlten sich auch tatsächlich
ausreichend einbezogen.
Mit dem Ziel, den Entscheidungsprozess in der letzten
Lebensphase zu verbessern, startete im April 2012 eine Interventionsstudie. Die
Wissenschaftlerinnen Eva Winkler und Pia Heußner leiteten das von der Deutschen
Krebshilfe e.V. geförderte Projekt. Die Wissenschaftlerinnen entwickelten auf
Basis der Studienergebnisse gemeinsam mit verschiedenen Berufsgruppen der
Medizinischen Klinik und Poliklinik III in München einen Leitfaden für den
klinischen Alltag. Die Anleitung hilft dem Behandlungsteam, den Patientenwunsch
kennenzulernen und zu berücksichtigen. Sie gibt darüber hinaus Tipps für
schwierige Gesprächssituationen.
"Eine große Herausforderung ist es, die Leitlinie so
zu gestalten, dass sie im Klinikalltag gut handhabbar ist und einen
tatsächlichen Mehrwert bringt", berichtet Winkler. Die Gespräche sollen
dazu beitragen, Übertherapien zu vermeiden. Der Patient soll in der letzten
Lebensphase Behandlungen weniger als Last, sondern mehr als Nutzen empfinden.
"Eine gemeinsame Entscheidungsfindung wahrt den Patientenwillen.
Die Pflege kann an die Bedürfnisse der Patienten angepasst werden",
erklärt Winkler. "Wir wissen heute, dass eine vorausschauende
Behandlungsplanung, die den Patienten früh auf Entscheidungen am Lebensende
vorbereitet, Angst und Depressionen verringern und damit die Lebensqualität für
den kranken Menschen verbessern kann."
Wie genau die Leitlinie sich im klinischen Alltag am
Universitätsklinikum Großhadern in München bewährt, wird derzeit untersucht.
Mit dem Preisgeld wollen die Wissenschaftlerinnen die Leitlinie stetig
verbessern und sie in weiteren Kliniken einführen. Für das NCT Heidelberg soll
der Leitfaden ebenfalls angepasst und angewendet werden.
Pia Heußner ist Oberärztin an der Medizinischen Klinik
und Poliklinik III des Klinikums der Ludwigs-Maximilians-Universität LMU
München und leitet dort die Psychoonkologie. Eva Winkler ist Oberärztin für
Tumoren mit neuroendokriner Herkunft am NCT Heidelberg und leitet den
Schwerpunkt "Ethik und Patientenorientierung in der Onkologie".
Ansprechpartner für die Presse:
Dr. Friederike Fellenberg
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Im Neuenheimer Feld 460
69120 Heidelberg
Tel.: +49 6221 56-5930
Fax: +49 6221 56-5350
Dr. Stefanie Seltmann
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
Tel.: +49 6221 42-2854
Fax: +49 6221 42-2968
E-Mail: S.Seltmann@dkfz.de
Doris Rübsam-Brodkorb
Universitätsklinikum Heidelberg und Medizinische Fakultät
der Universität Heidelberg
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: +49 6221 56-5052
Fax: +49 6221 56-4544
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT)
Heidelberg Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist
eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des
Universitätsklinikums Heidelberg, der Medizinischen Fakultät Heidelberg und der
Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der
Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den
Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch
die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das
Herzstück des NCT. Hier besprechen Ärzte und Wissenschaftler aus verschiedenen
Fachbereichen das Vorgehen im individuellen Fall. Jeder Patient erhält einen
persönlichen Therapieplan, den die Expertenrunde, in den sogenannten
Tumorboards, zeitnah erstellt. In klinischen Studien erproben Ärzte des NCT
neue Therapien und eröffnen damit auch Patienten mit schwer kontrollierbaren
Tumoren eine Chance. Das NCT arbeitet mit Selbsthilfegruppen zusammen und
unterstützt diese in ihrer Arbeit. In Dresden wird seit Beginn des Jahres 2015
ein Partnerstandort des NCT aufgebaut.
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr
als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen
Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass
Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren
präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden
können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes
(KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die
Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat
das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die
Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale
Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für
Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären
Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der
hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um
die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land
Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft
deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang Das
Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen
Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg
zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen
in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und
Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät
beschäftigen rund 12.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich
in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit
ca. 1.900 Betten werden jährlich rund 66.000 Patienten voll- bzw. teilstationär
und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Das Heidelberger
Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen
Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.500 angehende
Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.