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Donnerstag, 8. September 2016

Europaweite Vernetzung erhöht die Lebensqualität der Älteren in Augsburg



Das Verbundprojekt „Flexible, individualisierte Service-Netzwerke in Augsburg/Schwaben“ wurde von der Europäischen Innovationspartnerschaft „Aktives und gesundes Altern“ als Referenzregion aufgenommen


Augsburg/SS/LG – Das Verbundprojekt „FISnet“, das von der Universität Augsburg koordiniert wird, hat das Ziel den Übergang vom Erwerbsleben in die nachberufliche Phase zu verbessern. Das Projekt wurde nun von der Europäischen Innovationspartnerschaft „Aktives und gesundes Altern“ – die von der EU-Kommission initiiert wurde –als Referenzregion aufgenommen, wodurch es von der Vernetzung mit andere Projekten in ganz Europa profitieren kann – und diese von der Augsburger Forschung.

Die Partnerschaft hat sich als Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 die durchschnittliche Zahl der gesunden Lebensjahre der Europäerinnen und Europäer um zwei Jahre zu erhöhen. Erreicht werden soll dies durch einen europaweiten Erfahrungsaustausch mit Blick auf innovative Angebote im Gesundheitsbereich sowie durch das Herausarbeiten von Best-Practice-Fällen. Seit Ende Juli 2016 zählt auch das Verbundprojekt FISnet (Flexible, individualisierte Service-Netzwerke), das von der Universität Augsburg koordiniert wird, zu den 74 Referenzregionen im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Aktives und gesundes Altern“ (EIP on AHA). Sechs dieser Regionen stammen aus Deutschland.

Der Status als Referenzregion wird jenen regionalen Bündnissen verliehen, die durch die Zusammenarbeit von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Medizin, und bürgerschaftlichem Engagement eine umfassende Strategie vorweisen können. Daneben haben sie ihre Exzellenz in der Entwicklung, der Übernahme und der Verbreitung innovativer Verfahren für aktives und gesundes Altern unter Beweis gestellt.

Im Fokus von FISnet steht die Gestaltung des Übergangs vom Erwerbsleben in die nachberufliche Phase. Dabei geht es darum, den durchschnittlich guten Gesundheitszustand der Bevölkerung und die aktive gesellschaftliche Teilhabe am Ende des Erwerbslebens bis ins hohe Alter für möglichst viele Menschen zu erhalten. Um hierfür passgenaue Unterstützung anbieten zu können, werden kooperative Dienstleistungsnetzwerke entwickelt, deren Angebote flexibel und individuell an die jeweilige Bedarfslage angepasst werden können.

Durch die Mitgliedschaft in der EIP wird FISnet im Laufe der nächsten drei Jahre von den erfolgreichen Ansätzen anderer Referenzregionen lernen und gleichzeitig die im Rahmen von FISnet gemachten Erfahrungen mit den weiteren Referenzregionen teilen.


Projekt‐ und Ansprechpartner:

Alle FISnet‐Partner aus der Region finden sich auf der Projekthomepage. Sie stehen für konkrete Fragen zur Projektbeteiligung ihrer jeweiligen Organisation jederzeit zur Verfügung. Konkrete Ansprechpartner vermittelt gerne der FISnet‐Verbundkoordinator:


Prof. Dr. Werner Schneider
Professur für Soziologie/Sozialkunde  an der Universität Augsburg
Telefon: 0821/598‐5679 oder ‐5569
kontakt@fisnet.info oder werner.schneider@phil.uni‐augsburg.de




Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001