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Montag, 1. August 2016

Kinderflüchtlinge in Italien werden von Schleppern ausgebeutet und zu Prostitution sowie Drogenhandel gezwungen

Berlin, 29.Juli 2016. In Italien werden Kinderflüchtlinge zu Prostitution und Drogenhandel gezwungen, das geht aus einem aktuellen Bericht von Save the Children hervor, der auf Erlebnisberichten von Betroffenen beruht. Die steigende Anzahl der Kinderflüchtlinge verschärft das Problem und erhöht die Gefährdung für die Mädchen und Jungen massiv. 

Mehr als 10.500 unbegleitete Kinderflüchtlinge sind bereits 2016 in Italien angekommen. Das sind mehr als doppelt so viele im Vergleich zum Vorjahr. Im aktuellen Report von Save the Children werden die brutalen Methoden der Schlepper beleuchtet, die besonders Mädchen und junge Frauen zur Prostitution und Kinder zu schädlicher Arbeit zwingen, um ihre Schulden oft bis zu 50.000 € für die Flucht abzuarbeiten.   
Save the Children deckt auf, dass besonders Mädchen aus Nigeria oder Rumänien – gerade einmal 13 Jahre alt – durch falsche Versprechungen nach Italien gelockt werden, um als Babysitter, Kellnerin oder Friseurin zu arbeiten. Die Schlepper bedienen dabei mitunter sich der Hilfe von Lehrern oder anderen Vertrauenspersonen. Die Mädchen und jungen Frauen werden dann zu Prostitution gezwungen und werden Opfer von körperlicher, sexueller und emotionaler Gewalt. 
Viele der Mädchen werden zudem bereits auf ihrer Flucht nach Europa Opfer sexueller Gewalt. Täter sind meist die Menschenschlepper. Manche der Mädchen werden schwanger – und sind in der Folge entweder gezwungen abzutreiben, oder werden früher oder später mit ihren Babys erpresst. Die Menschenhändler bedrohen die Babys oder sogar Familienmitglieder in den Herkunftsländern der Mädchen, um diese gefügig zu machen.
„Es ist erschütternd, was diesen Kindern widerfährt. Auf der Suche nach Sicherheit haben sich diese Mädchen und Jungen auf den Weg nach Europa gemacht. Statt Hoffnung haben sie unvorstellbares Leid erfahren. Kein Kind darf Opfer von Sklaverei und Gewalt werden. Die italienische Regierung hat schon Maßnahmen zum Schutz dieser Kinder verabschiedet. Jetzt muss der Kampf gegen diese kriminellen Organisationen europaweit erfolgen“, betont Claudia Kepp, Sprecherin von Save the Children. 
Außerdem werden viele Jungen zu Kinderarbeit und kriminellen Geschäften wie Drogenhandel und Diebstahl genötigt. In Rom müssen unbegleitete Kinderflüchtlinge aus Ägypten jeden Tag zwölf Stunden Autos waschen – für 2 € pro Stunde. In Turin arbeiten viele Kinderflüchtlinge auf dem Bau oder in Restaurants, meistens mehr als zehn Stunden täglich. Viele der betroffenen Flüchtlingsjungen berichten, dass ihre Arbeitgeber sie misshandeln – zum Teil auch sexuell.
Zusatzinformationen:
·         Zwischen Januar und Juni 2016 sind nach Angaben der italienischen Regierung 70.222 Menschen auf der Flucht in Italien angekommen. 11.608 davon waren Kinder, 10.524 von ihnen kamen allein.

·         Save the Children arbeitet seit 2008 mit Kinderflüchtlingen in Italien. Unsere Teams sind unter anderem bei jeder Bootsankunft in den süditalienischen Häfen präsent, um die besonders verletzlichen Kinder (z.B. solche, die ohne ihre Eltern auf der Flucht sind) zu identifizieren und zu betreuen. In Rom, Mailand und Turin betreiben wir Tages- und Nachtzentren für Flüchtlinge, wo diese Schutz sowie medizinische, psychosoziale und rechtliche Betreuung erhalten. Wir betreiben außerdem ein mehrsprachiges Nottelefon.


Kontakt:
Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle – Claudia Kepp
Tel.: +49 (30) 27 59 59 79 – 280                      

@stc_de       






Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001