Der
Begriff Autophagie bezeichnet ein Recyclingprogramm, mit dem sich unsere Zellen
jung halten. Sie bauen kontinuierlich jeweils einen geringen Anteil ihrer
Bestandteile in einer Art Selbstverdauung ab und neu auf, um schädlichen
Ablagerungen entgegenzuwirken. Die Autophagie – griechisch wörtlich für das
„Selbstessen“ – wird auch in Hungersituationen und bei Energiemangel
stimuliert. Mit ihrem Team hat Professorin Tassula Proikas-Cezanne vom
Interfakultären Institut für Zellbiologie (IFIZ) der Universität Tübingen nun
einen molekularen Schaltkreis entdeckt, der die Autophagie reguliert. In diesem
Schaltkreis wirken die sogenannten WIPI-Proteine als Stellschrauben und
verbinden die signalgesteuerte Einleitung der Autophagie mit den nachfolgenden
zellulären Abbauprozessen. Die Ergebnisse entstanden in Kooperation mit
Professor Boris Macek vom Proteom Centrum Tübingen (IFIZ) und wurden im
Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.
Gemeinsam
mit ihrer Forschergruppe hatte Tassula Proikas-Cezanne vor einigen Jahren die
Familie der WIPI-Proteine entdeckt. Die Forscherinnen und Forscher klären nun
die jeweiligen Wirkungsweisen der vier WIPI-Proteine (WIPI1-4) auf. Sie fanden
heraus, dass durch Zucker- beziehungsweise Energiemangel innerhalb der Zelle
ein direktes Signal über das WIPI4-Protein gesendet wird, um das Ausmaß der
Abbauprozesse durch Autophagie zu regulieren. Die Abbauprozesse selbst werden
durch die Proteine WIPI1 und WIPI2 eingeleitet, und nachfolgend durch WIPI3 und
WIPI4 weitergeführt. Darüberhinaus nehmen die Forscher an, dass das
WIPI3-Protein als weiteres Stellrad in diesem Schaltkreis direkt an Lysosomen
wirkt, um im Verlauf der Abbauprozesse durch Autophagie generelle
Aufbauprozesse zu verhindern. In diesem Schaltkreis wirken die vier WIPI-Proteine
als Plattformen für multiple Protein-Protein- und Protein-Lipid-Interaktionen,
die das Tübinger Forscherteam identifizieren konnte. Die Aufklärung dieses
Schaltkreises ermöglicht den Wissenschaftlern ein grundlegendes Verständnis
dafür, wie Zuckermangel die Autophagie der Zelle verstärkt.
Die
neuen Ergebnisse der Tübinger Forscher können nun eingesetzt werden, um die
Fehlregulation der Autophagie, wie sie in vielen altersbedingten Erkrankungen
vorliegt, besser zu verstehen. Durch die gewonnenen Erkenntnisse könnten neue
therapeutische Ansätze entwickelt werden, um die Autophagie bei altersbedingten
Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Krebs oder der Neurodegeneration gezielt zu
beeinflussen.
Publikation:
Daniela
Bakula, Amelie Müller, Theresia Zuleger, Zsuzsanna Takacs, Mirita
Franz-Wachtel, Ann-Katrin Thost, Daniel Brigger, Mario Tschan, Tancred Frickey,
Horst Robenek, Boris Macek, Tassula Proikas-Cezanne: WIPI3 and WIPI4
β-propellers are scaffolds for LKB1-AMPK-TSC signaling circuits in the control
of autophagy. Nature Communications, 31. Mai 2017,
DOI:10.1038/NCOMMS15637
Kontakt:
Prof. Dr. Tassula Proikas-Cezanne
Universität
Tübingen
Interfakultäres
Institut für Zellbiologie (IFIZ)
Telefon
+49 7071 29-78895
tassula.proikas-cezanne[at]uni-tuebingen.de
Eberhard Karls Universität Tübingen
Hochschulkommunikation
Wilhelmstraße 5 · 72074 Tübingen · Germany
Hochschulkommunikation
Wilhelmstraße 5 · 72074 Tübingen · Germany
Telefon +49 7071 29-77853
Telefax +49 7071 29-5566