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Freitag, 30. Juni 2017

Ethische Richtlinien für den Einsatz von Gehirn-Computer-Schnittstellen gefordert


Einsatz einer hirngesteuerten Handprothese im Alltag: bald ein normaler Anblick?
Foto: Surjo R. Soekadar / Universität Tübingen


Datenschutz, Haftung und Sicherheit müssen bedacht werden, verlangen Wissenschaftler der Universität Tübingen

International führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem Gebiet der Neurophysiologie, der Neurotechnologie und der Neuroethik haben ethische Richtlinien für den Einsatz von Gehirn-Computer-Schnittstellen formuliert. Sie sollen Datenschutz, Haftung und Sicherheit bei hirngesteuerten Systemen gewährleisten; bisher wurden diese Aspekte wenig beachtet und sind teilweise noch völlig ungeklärt. Technologien, die Hirnaktivität in Steuersignale von Computern, Robotern oder Prothesen übersetzen, sind bereits sehr weit entwickelt. In einem Beitrag für das Fachmagazin Science mit dem Titel „Help, Hope and Hype“ fordern die Wissenschaftler einen verantwortungsbewussten Umgang mit solchen Gehirn-Computer-Schnittstellen (DOI: 10.1126/science.aam7731). Zentrale Forderung ist eine „Veto“-Funktion, die unbeabsichtigte Befehle unterbricht. Die Forscherinnen und Forscher, darunter die Tübinger Wissenschaftler Niels Birbaumer und Surjo R. Soekadar, schlagen außerdem vor, dass alle Daten vorübergehend und verschlüsselt gespeichert werden sollten, wie bei der Blackbox eines Flugzeugs.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich intensiv mit den ethischen Aspekten von Gehirn-Computer-Schnittstellen auseinandergesetzt. Mit ihrer Forschung haben einige von ihnen wesentlich dazu beigetragen, dass diese Technologie für den medizinischen Bereich sehr weit entwickelt ist. Mittlerweile haben auch private Investoren, wie Mark Zuckerberg (Facebook) oder Elon Musk (Tesla, SpaceX) das Forschungsgebiet für sich entdeckt. Richtlinien könnten Forschern, Entwicklern und Anwendern auf dem Weg zum alltäglichen Einsatz der hirngesteuerten Systeme helfen, verantwortungsbewusst mit ethischen Aspekten der Technologie umzugehen. Gleichzeitig sei es wichtig, die Öffentlichkeit über Möglichkeiten und Grenzen der neuen Technologie zu informieren. Bisher begeisterten Gehirn-Computer-Schnittstellen noch als sensationelle Neuheiten – die gesellschaftliche Diskussion darüber sollte jedoch faktenbasiert stattfinden.

Gehirn-Computer-Schnittstellen sind Systeme, die Hirnaktivität in Steuersignale von Computern, Robotern oder Prothesen übersetzen. Bereits 1999 fand der Tübinger Neuropsychologe Niels Birbaumer eine Möglichkeit, Patienten mit sogenanntem Locked-In-Syndrom mithilfe von Hirnsignalen Briefe buchstabieren zu lassen. 2017 ermöglichte er auch vollständig Gelähmten im complete locked-in state (CLIS) einfache Ja/Nein Antworten zu geben. Der Tübinger Psychiater und Neurowissenschaftler Surjo R. Soekadar zeigte zuletzt, dass Gehirn-Computer-Schnittstellen auch im Alltag einsetzbar sind. Beispielsweise können Querschnittsgelähmte mithilfe eines hirngesteuerten Exoskeletts selbstständig essen und trinken.

Zwar sei es noch nicht möglich, mit Gehirn-Computer-Schnittstellen komplexere Gedanken auszulesen, erklärte Soekadar. „Dies kann sich aber möglicherweise bald ändern. Wir müssen daher vom Ende her denken.“ Die aufgezeichneten Hirnsignale müssten vor unerlaubtem Zugriff geschützt werden. Außerdem stelle sich die Frage der Verantwortung für Fehler, die bei der Übersetzung von Hirnaktivität in Steuersignale auftreten könnten. Als zentrale Forderung mahnen die Autorinnen und Autoren hier eine „Veto“-Funktion an, um unbeabsichtigte Steuerbefehle der Gehirn-Computer-Schnittstelle zu unterbrechen. „Der Mensch muss zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein, die Maschine zu stoppen“, so Soekadar. Auch sein System verfüge über eine Veto-Funktion, die über eine bestimmte Augenbewegung ausgelöst wird. Elektrische Hirnsignale, die von der Kopfoberfläche abgeleitet werden, könnten für diese Funktion noch nicht zuverlässig genutzt werden.

Wie in einem Flugzeug müssten alle Biosignale und Steuerbefehle in einer Black-Box für einen begrenzten Zeitraum gespeichert werden, so die Wissenschaftler. Nur so ließen sich haftungsrechtliche Fragen eindeutig klären. Neben Schutz vor unerlaubtem Auslesen aufgezeichneter Signale, müssten sämtliche Daten sicher verschlüsselt werden. Dies sei aktuell keine gängige Praxis – es lasse sich somit nicht ausschließen, dass Informationen von Dritten missbraucht würden („Brainhacking“). Bei implantierbaren Systemen oder Gehirn-Computer-Schnittstellen, die Gehirngewebe auch direkt stimulieren können, sei besondere Vorsicht geboten: Im Extremfall sei ein sogenanntes „Brainjacking“ nicht auszuschließen, also die Manipulation des Systems zur gezielten Beeinflussung von Hirnfunktionen oder Verhalten.

„Die technologischen Fortschritte im Bereich der Gehirn-Computer-Schnittstellen entwickeln sich derzeit so rasant, dass es höchste Zeit ist, rechtliche und ethische Rahmenbedingungen zu definieren und durchzusetzen“, fordert Jens Clausen, Neuroethiker an der Pädagogischen Hochschule Freiburg und Mitglied des Internationalen Zentrums für Ethik in den Wissenschaften an der Universität Tübingen. Eine Frage der Ethik sei auch der Umgang mit Hoffnungen, die bei Patienten und ihren Angehörigen geweckt werden. Aufsehenerregende Demonstrationen hirngesteuerter Systeme führten oft zu überzogenen Erwartungen. Die Medien sowie wirtschaftliche Profiteure seien deshalb in der Verantwortung, den Nutzen, aber auch Grenzen und Risiken dieser Technologien, ausgewogen darzustellen. Die Vermittlung von Wissen über technische Möglichkeiten und Grenzen (sogenannte „Neuroliteracy“) müsse Teil des öffentlichen Bildungsauftrags werden.




Publikation:
Clausen J, Fetz E, Donoghue J, Ushiba J, Spörhase U, Chandler J, Birbaumer N, Soekadar SR. Help, Hope and Hype: Ethical Dimensions of Neuroprosthetics. Science 2017;356 (6345):2-3. DOI: 10.1126/science.aam7731

Soekadar SR, Witkowski M, Gómez C, Opisso E, Medina J, Cortese M, Cempini M, Carozza MC, Cohen LG, Birbaumer N, Vitiello N. Hybrid EEG/EOG-based brain/neural hand exoskeleton restores fully independent daily living activities after quadriplegia. Science Robotics 2016. 1, eaag 3296 (2016). Video zur Studie: http://goo.gl/qs3wjf

Chaudhary U, Xia B, Silvoni S, Cohen LG, Birbaumer N. Brain-Computer Interface-Based Communication in the Completely Locked-In State. PLoS Biol. 2017;31:15:e1002593. DOI: 10.1371/journal.pbio.1002593.

Kontakt:
Dr. Surjo R. Soekadar, MD
Universität Tübingen
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Arbeitsgruppe Angewandte Neurotechnologie
Telefon +49 7071 29-82640
Mobil +49 163 16 44 88 9

Prof. Dr. Jens Clausen
Pädagogische Hochschule Freiburg
Ethik und Lebenswissenschaften und ihre Didaktik
Telefon +49 761 682-566



Connecticut Students to Speak with NASA Astronauts on Space Station



Expedition 51 Commander Peggy Whitson and Flight Engineer Jack Fischer of NASA
Expedition 51 Commander Peggy Whitson and Flight Engineer Jack Fischer of NASA will speak with students at the Wallingford Public Library in Wallingford, Connecticut
Credits: NASA

Students at the Wallingford Public Library in Wallingford, Connecticut, will speak with NASA astronauts living and working aboard the International Space Station at noon EDT on Thursday, July 6. The 20-minute, Earth-to-space call will air live on NASA Television’s Media Channel and the agency’s website.

Expedition 52 Flight Engineers Peggy Whitson and Jack Fischer will answer questions from students ages 5 and up gathered at the library.  

Whitson launched to the space station Nov. 17, 2016. Fischer launched to the station in April. Both astronauts are scheduled to return to Earth in September.
For more information on the downlink, contact Allison Murphy at 203-284-6435 or amurphy@wallingfordlibrary.org. The library is at 200 N. Main Street.

The Children’s Department of the library has structured its summer reading theme, Race to Space, around the downlink and will be exploring the space theme throughout the summer break. Various science, technology, engineering and math (STEM) activities will be offered in the Children’s Department through Aug. 12. Additionally, library visitors will be able to view official artifacts from an archived NASA collection, and students will participate in monitoring the growth of seeds that have been harvested from tomato plants grown on the space station.
Linking students directly to astronauts aboard the space station provides unique, authentic experiences designed to enhance student learning, performance and interest in STEM. This in-flight education downlink is an integral component of NASA Education’s STEM on Station activity, which provides a variety of space station-related resources and opportunities to students and educators.
Follow NASA astronauts on Twitter: @NASA_astronauts.

For more information, videos and lesson plans highlighting research on the International Space Station, visit:


 

NASA Statement on National Space Council


National Space Council Executive Order signing
President Donald Trump signs an Executive Order to reestablish the National Space Council, alongside members of Congress, NASA and commercial space companies in the Roosevelt Room of the White House Friday, June 30, 2017. Vice President Mike Pence, also in attendance, will chair the council. NASA astronauts David Wolf and Alvin Drew and retired astronaut Buzz Aldrin attended.
Credits: NASA

The following is a statement from acting NASA Administrator Robert Lightfoot about Friday’s Executive Order creating the National Space Council:
“I am pleased that President Trump has signed an executive order reestablishing the National Space Council. The council existed previously from 1989-1993, and a version of it also existed as the National Aeronautics and Space Council from 1958-1973. As such, the council has guided NASA from our earliest days and can help us achieve the many ambitious milestones we are striving for today.
“This high-level group advises the president and comprises the leaders of government agencies with a stake in space, including the NASA administrator, the Secretaries of State, Commerce, Defense, and others, and will be chaired by Vice President Mike Pence. It will help ensure that all aspects of the nation’s space power -- national security, commerce, international relations, exploration, and science, are coordinated and aligned to best serve the American people.  A Users’ Advisory Group also will be convened so that the interests of industries and other non-federal entities are represented.


“The establishment of the council is another demonstration of the Trump Administration’s deep interest in our work, and a testament to the importance of space exploration to our economy, our nation, and the planet as a whole.”

Grenzen erfahren und überwinden: Mit dem Fahrrad 12.000 Kilometer quer durch Afrika


Am Montag, 3. Juli, berichtet FH-Absolvent Fabian Nawrath von seinem Fahrrad-Abenteuer, das er auf seiner Reise durch Afrika erlebt hat.

Dürre, Unwetter, Verhaftungen und die denkbar herzlichsten und menschlichsten Begegnungen: Zusammen mit Tim Starck begibt sich Fabian Nawrath auf eine zehnmonatige Reise mit dem Fahrrad quer durch Zentral- und Ostafrika, um andere Kulturen und Denkstrukturen zu erfahren und zu erleben, was Afrika wirklich ist. Er reist auch, um einen der letzten weißen Flecken auf unserer kulturellen Karte mit Farbe zu füllen und um einen von Klischees und einseitiger Berichterstattung losgelösten Blick auf einen wunderbaren Kontinent zu erhalten. „Afrika ist mehr als Giraffen, Elefanten, Katastrophen, Krieg und Hunger“, sagt der FH-Absolvent und Fotograf, der viele seiner Eindrücke fotografisch festgehalten hat.

Mit dem Fahrrad quer durch Afrika: 12.000 Kilometer, von Kapstadt nach Kairo." Unter diesem Titel steht der Vortrag von Fabian Nawrath am 3. Juli.

Der Vortrag findet im Rahmen des Studium Generale am
Montag, 3. Juli,
um 17.15 Uhr,
in der Hohenstaufenallee 6 (Raum 01101) in Aachen
statt.

Pia Wilbrand B.A.
Online-Redakteurin

Stabsstelle für Presse-, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing
Department of Public Relations and Marketing

FH Aachen
University of Applied Sciences
Bayernallee 11
52066 Aachen
Telefon: +49 241 6009 51393
Telefax: +49 241 6009 51090

E-Mail: 
wilbrand@fh-aachen.de



Über das Studium Generale
Auch im Sommersemester 2017 veranstaltet der Career Service der FH Aachen die Vorlesungsreihe Studium Generale. Sie bietet informative Vorträge von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, die sich an Studierende aller Fachbereiche sowie an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FH Aachen richten, aber auch an Gäste. Ziel der allgemeinverständlich aufbereiteten wissenschaftlichen Vorträge ist, den Blick über den Tellerrand des eigenen Fachgebietes zu weiten, die Kommunikation zwischen den Fachbereichen zu intensivieren und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern.

Sonntag, 25. Juni 2017

Malteser vereinbaren Beruf und Familie



Zertifikatsverleihung 2017 Audit berufundfamilie in Berlin. 
Malteser Werke Geschäftsführer Patrick Hofmacher (hinten, Mitte) freut sich. Es ist das dritte Mal, dass die Malteser Werke das Zertifikat erhalten. Übergeben hatte es Bundesfamilienministerin Katharina Barley.


Köln/Berlin. Um die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter hoch zu halten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten, nehmen die Malteser am Audit berufundfamilie der Hertie-Stiftung teil. Bereits das dritte Zertifikat nahm der Geschäftsführer der Malteser Werke, Patrick Hofmacher, jetzt aus den Händen von Bundesfamilienministerin Katarina Barley in Berlin entgegen. Bereits im Jahr 2013 hatten die Malteser Werke den Vereinbarkeitsprozess, der sich über mehrere Jahre erstreckt und mit regelmäßigen Prüfungen durch das Audit einhergeht, gestartet. „Wir spüren das Anliegen der Mitarbeiter, private und dienstliche Interessen besser überein zu bekommen. Es gibt mehr Dialog, bessere Arbeitsbedingungen und – für uns als katholische Organisation besonders wichtig - mehr Sicht auf den ganzen Menschen, der in der Familie aktiv und zugleich mit Herz bei der Arbeit ist“, so Hofmacher.
Bei der Übergabe der Zertifikate an Unternehmen und Hochschulen aus dem gesamten Bundesgebiet sagte Familienministerin Barley: „Familienfreundlich zu sein und auf Vereinbarkeitsfragen einzugehen, lohnt sich für jeden Arbeitgeber: Die Motivation der Beschäftigten steigt und die Bindung an das Unternehmen wächst. Ich freue mich, dass dies immer mehr Arbeitgeber erkennen.“

Seit zwei Jahren nimmt auch die Malteser Deutschland gGmbH am Audit berufundfamilie teil. Ziel ist es, Mitarbeiter und Führungskräfte über die beruflichen und familiären Herausforderungen ins Gespräch zu bringen und die Rahmenbedingungen weiter zu entwickeln. Bis 2018 werden eine Vielzahl von Maßnahmen umgesetzt: Dann tragen zum Beispiel klare Regeln für das Arbeiten von unterwegs und im Homeoffice, ein flexiblerer Umgang mit geleisteter Mehrarbeit sowie Unterstützungsangeboten bei der Kinderbetreuung oder bei der Pflege von Angehörigen zu einer familienfreundlichen und generationengerechten Arbeitskultur bei.


Christlich und engagiert: Die Malteser setzen sich für Bedürftige ein. Hilfe für mehr als zwölf Millionen Menschen pro Jahr weltweit • 80.000 Engagierte in Ehren- und Hauptamt • an 700 Orten • 1 Mio. Förderer und Mitglieder

Weitere Informationen:
Malteser Pressestelle
Tel. 0221 / 9822-120
presse@malteser.org


Kia Ora SOFIA: fliegende Sternwarte wieder in Neuseeland zu Gast


Quelle: DLR (CC-BY 3.0).


 

Stratosphären-Observatorium von DLR und NASA erforscht mit drei Instrumenten den Südhimmel

Kia Ora - so begrüßen die Māori, das indigene Volk Neuseelands, traditionell ihre Gäste. Am 23. Juni 2017 um 1.05 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (11.05 Uhr Ortszeit) war es wieder einmal Zeit für diese Grußformel, denn ein ganz besonderer Ankömmling ist am "anderen Ende der Welt" auf dem Flughafen Christchurch gelandet: Die fliegende Sternwarte SOFIA des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA wird zum vierten Mal über mehrere Wochen - bis zum 10. August 2017 - in 25 Beobachtungsflügen den Südhimmel ins Visier nehmen. Bereits am 26. Juni wird das Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie - kurz SOFIA - zum ersten Wissenschaftsflug der diesjährigen Kampagne starten.

Lange Winternächte liefern ungetrübte Einblicke

SOFIA ist am 21. Juni 2017 von ihrer Heimatbasis in Palmdale in Kalifornien gestartet und nach einem Zwischenstopp zum Auftanken auf Hawaii in Christchurch gelandet. Die fliegende Sternwarte nutzt die langen Winternächte in Neuseeland, da hier während dieser Zeit die Wasserdampfkonzentration in der irdischen Atmosphäre sehr viel geringer als in unserem Sommer auf der Nordhalbkugel ist. "Das sind ideale Voraussetzungen für ungetrübte Beobachtungen. Denn schon kleinste Mengen an Wasserdampf in der Luft können die Infrarotstrahlung aus dem All "verschlucken", sodass diese nicht mehr von den Spektrometern gemessen werden kann", erklärt DLR-Projektleiter Heinz Hammes.

In einer Flughöhe von rund 13 Kilometern fliegt SOFIA weitestgehend über dem Wasserdampf und kann so von Neuseeland aus prominente Sternentstehungsgebiete wie die Große und die Kleine Magellansche Wolke ungetrübt betrachten und untersuchen: "Diese Regionen kennen wir zwar schon von optischen Beobachtungen. Im Infrarotbereich sind sie bisher allerdings kaum erforscht. Hier knüpfen wir nahtlos an die letzte Beobachtungskampagne vom Juni 2016 an, um noch mehr über diese Gebiete zu erfahren", so Hammes. Um Materiebewegungen zu untersuchen, wird das SOFIA-Teleskop auch auf das Zentrum der Milchstraße gerichtet, das von der südlichen Hemisphäre wesentlich besser und länger als vom Nordhimmel aus zugänglich ist.

Drei Instrumente für unterschiedliche Beobachtungen

Damit SOFIA ihre vielfältigen Beobachtungen machen kann, werden an das 2,7 Meter durchmessende Spiegelteleskop verschiedene Instrumente angeschlossen. "In diesem Jahr kommen in Neuseeland wieder drei Beobachtungsinstrumente zum Einsatz. Mit ihnen können die Wissenschaftler Sternentstehungsgebiete in den verschiedensten Stadien ihrer Entwicklung untersuchen", erklärt Hammes. So kommen während dieser Kampagne die in Deutschland gebauten Ferninfrarotspektrometer GREAT (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies) und FIFI-LS (Field-Imaging Far-Infrared Line Spectrometer) sowie das US-amerikanische Instrument FORCAST (Faint Object InfraRedCAmera for the SOFIA Telescope) zum Einsatz. Mit ihnen lässt sich die Gesamtdynamik der Sternentstehung im Detail untersuchen und spektrale "Fingerabdrücke" von Atomen und Molekülen nehmen, um Gasdichten, Temperaturen und Geschwindigkeiten der Wolken zu bestimmen.

Mit GREAT spektroskopisches Neuland erkunden

Ursprünglich betrieb das Spektrometer GREAT einen Detektor, um damit beispielsweise mehr über die chemische Zusammensetzung von Sternentstehungsgebieten zu erfahren. Bei dieser Kampagne kommen nun zwei wesentlich verbesserte Versionen des Instruments zum Einsatz: upGREAT besitzt 21 Detektoren, die auf zwei sogenannten Arrays (14+7) angeordnet sind und nun zum ersten Mal die gleichzeitige Beobachtung bei zwei unterschiedlichen Frequenzen parallel ausführen. Mit 4GREAT werden die spektroskopischen Möglichkeiten dann noch bis hinunter zu 490 GHz erweitert (besonders interessant für Spektrallinien von Wasser und Ammoniak) und mit vier Einzeldetektoren Beobachtungen in vier unterschiedlichen Frequenzbereichen gleichzeitig durchgeführt.

"Mit diesen Erweiterungen erhöht sich die Leistungsfähigkeit und die Beobachtungseffizienz unseres Instruments um mehr als das Zehnfache und neue bislang unerforschte Frequenzbereiche werden erschlossen ", erläutert Dr. Rolf Güsten, der Leiter des GREAT-, 4GRAT- und upGREAT-Instruments vom Max-Planck Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn. "In diesem Jahr reichen die Untersuchungen von Kartierung des atomaren Sauerstoffs in den Magellanschen Wolken und im Galaktischen Zentrum zu Studien der Chemie protoplanetarer Scheiben und Planetarischer Nebel, bis hin zur Suche nach im Weltall bislang nicht nachgewiesener Moleküle", ergänzt Dr. Güsten.

FIFI-LS misst Daten zur Sternentstehung

Bereits zum zweiten Mal erkundet FIFI-LS die Südhemisphäre. Dieses Instrument mit zwei Detektorarrays misst bei deutlich mehr Wellenlängen als GREAT und kann schneller großflächige Kartierungen ausgedehnter Molekülwolken vornehmen. FIFI-LS wird wieder insbesondere die Elemente Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenstoff in Sternentstehungsgebieten und im interstellaren Medium - dem Raum zwischen den Sternen - beobachten. Diesmal gerät sowohl unsere Milchstraße als auch ein riesiges Sternentstehungsgebiet der Großen Magellanschen Wolke sowie andere entferntere Galaxien ins Visier. "Damit können wir auch erstmals eine detailgetreue Inventur der Materie in der Umgebung des galaktischen Zentrums durchführen", erläutert Prof. Alfred Krabbe, Leiter des FIFI-LS-Instruments und des Deutschen SOFIA Instituts (DSI) an der Universität Stuttgart. "Außerdem wollen wir die Materiebewegungen in der Umgebung des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße verstehen. Das geht nur mit SOFIA von Neuseeland aus."

Kampagnen-Abschluss mit Instrument FORCAST

Bei seinen sechs Einsätzen misst FORCAST bei kürzeren Wellenlängen als FIFI-LS und GREAT und beobachtet insbesondere Staubscheiben um neu entstandene Sterne, aber auch die von alten Sternen und Supernovae ins Weltall zurückgeschleuderten Staubmassen. Am 13. August soll SOFIA wieder nach Palmdale zurückfliegen. Nach einer Wartung des Flugzeugs und des Teleskops sollen dann ab Anfang September bis Mitte November 2017 weitere 32 Wissenschaftsflüge von Kalifornien aus durchgeführt werden.

SOFIA

SOFIA, das "Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie" ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) und der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Es wird vom DLR Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), des Landes Baden-Württemberg und der Universität Stuttgart durchgeführt. Die Entwicklung der deutschen Instrumente ist finanziert mit Mitteln der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des DLR. Der wissenschaftliche Betrieb wird auf deutscher Seite vom Deutschen SOFIA-Institut (DSI) der Universität Stuttgart koordiniert, auf amerikanischer Seite von der Universities Space Research Association (USRA).



Kontakte:

Martin Fleischmann  
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Raumfahrtmanagement, Kommunikation
Tel.: +49 228 447-120
Fax: +49 228 447-386

Heinz-Theo Hammes  
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Raumfahrtmanagement, Extraterrestrik
Tel.: +49 228 447-377
Fax: +49 228 447-745


Donnerstag, 22. Juni 2017

Senta Berger legt Grundstein für Mädchen der Welt

Einweihung des neuen Bau-Projektes von Plan International Deutschland mit Senta Berger und Olaf Scholz in Hamburg

Hamburg, 22. Juni 2017 – Die Schauspielerin Senta Berger legte heute zusammen mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz den Grundstein für das neue Haus der Kinderhilfsorganisation Plan International Deutschland. Das Gebäude wird direkt gegenüber dem Stammsitz von Plan International Deutschland in der Bramfelder Straße in Hamburg-Barmbek errichtet. Als neue Begegnungsstätte soll es ein Zeichen setzen für die Rechte von Mädchen und für mehr Chancengleichheit.

„Mädchen werden in vielen Ländern der Welt extrem benachteiligt“, sagte Senta Berger, Schirmfrau von Plans Bewegung Because I am a Girl. „Darum bin ich sehr glücklich, heute bei dieser Grundsteinlegung dabei zu sein – an einem Ort, an dem die Weichen für eine bessere Zukunft von Mädchen gestellt werden.“ Die Schauspielerin läutete damit eine neue Phase von Plan International ein. Die Kinderhilfsorganisation, die sich seit vielen Jahren für eine Stärkung von Mädchen in Afrika, Asien und Lateinamerika einsetzt, will 100 Millionen Mädchen und jungen Frauen ermöglichen, ihre Lebenswelt zu gestalten, politisch Einfluss zu nehmen und wirtschaftlich auf sicheren Füßen zu stehen. 

„Die Bewegung Because I am a Girl ist zu einer starken Stimme für die Gleichberechtigung geworden. Es ist gut, dass sie jetzt einen festen Ort bekommt“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister bei der Grundsteinlegung. „Auch politisch hat es die Idee dieser Bewegung ziemlich weit geschafft – auf die Agenda der G20. Plan International hat erfolgreich darauf hingewirkt, dass die Regierungen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer es als politische Priorität betrachten, Mädchen und Frauen weltweit zu stärken“, betonte Scholz in seinem Grußwort.

„Vor dem Hintergrund der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen hat sich die Kinderrechtsorganisation dem Ziel Gleichberechtigung verpflichtet. Wir wollen damit Mädchen in ihren Rechten, ihrer Autonomie und ihren Führungspotenzialen stärken“, erklärte Maike Röttger, Vorsitzende der Geschäftsführung von Plan International Deutschland. „Mitten in Hamburg baut die Stiftung Hilfe mit Plan nun ein Haus, von dem aus die Arbeit von Plan International für die Rechte der Mädchen gestaltet und koordiniert werden soll,“ ergänzte Dr. Werner Bauch, Vorstandsvorsitzender von Plan International Deutschland und der Stiftung Hilfe mit Plan. „Insbesondere sollen Mädchen und junge Frauen dabei unterstützt werden, ihr Leben selbstbestimmt zu führen und mit ihrem Potenzial ihre eigene Gemeinde und ganze Gesellschaften nachhaltig zu verändern.“ 

Das neue Haus ist der globalen Plan-Bewegung Because I am a Girl gewidmet. Bereits seit 2003 legt Plan International einen zusätzlichen Fokus auf die Arbeit mit Mädchen. Den Impuls dazu gab auch Senta Berger. Auf einer Reise mit Plan International durch Nepal traf sie auf ein kleines Mädchen in Lumpen, das trotz eisiger Kälte barfuß lief, während der Bruder Schuluniform und Schuhe trug. Auf Senta Bergers Frage, warum die Tochter so offensichtlich benachteiligt wird, antwortete die Mutter: „Because she is a girl - Weil sie ein Mädchen ist.“

Weitere Informationen und Fotos:
Katharina Vollmeyer, Pressereferentin, Tel. 040 61140 261 
Sabine Marxen, Leiterin des Presseteams, Tel. 040 61140 278, E-Mail: presse@plan.de

Stiftung Hilfe mit Plan / Plan International Deutschland e.V.
Bramfelder Str. 70
22305 Hamburg



TOMMI – DEUTSCHER KINDERSOFTWAREPREIS 2017



TOMMI, DIE SECHZEHNTE: Aufruf 2017 für Publisher und Kinderjury 

Trüffelhund TOMMI sucht auch 2017 die besten digitalen Spiele. Die Nominierungen wählt eine Jury aus Journalisten, Wissenschaftlern und Pädagogen aus, dann kommen eine Kinder-jury und rund 20 Öffentliche Bibliotheken zum Zuge. 2016 haben 3.600 Kinder deutschland-weit die Preisträger ermittelt. 2017 begrüßen wir jugendschutz.net als neuen Partner, der sich Apps und elektronisches Spielzeug auch unter datenschutzrechtlichen Aspekten an-schaut und ein Veto einlegen kann. „Heutzutage“, erklärt Julia Fastner von jugendschutz.net, „müssen Eltern bei digitalen Spielen neben dem Jugendschutz auch auf Datenschutz besonders achten. Das ist eine echte Herausforderung. Dafür braucht es Bewusstsein und kompetente Unterstützung.“

Weitere Partner des Preises sind der Deutsche Bibliotheksverband e.V. (dbv), die Frankfurter Buchmesse, Google und das ZDF Kinder- und Jugendprogramm.

Die 16. Preisverleihung findet am 13. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse statt.
Das können Publisher einreichen

Apps, Elektronisches Spielzeug sowie PC- und Konsolenspiele oder Webseiten.
Altersgrenze ist die USK 6. Einreichungsformulare und Teilnahmebedingungen sind unter www.kindersoftwarepreis.de zu finden. Teilnahmeschluss ist der 4. August 2017

Wer ist die Fachjury?

Vorsitz: Thomas Feibel (familie&co, FEIBEL.DE).
Prof. Dr. Stefan Aufenanger (Universität Mainz), Dr. Jasmin Bastian (Universität Mainz), Prof. Dr. Linda Breitlauch (Hochschule Trier), Martin Eisenlauer (Bild am Sonntag), Julia Fastner (jugendschutz.net), Stephan Freundorfer (freier Journalist), Carsten Görig (Spiegel Online), Moses Grohé (love4games.org), Steffen Haubner (Kölner Stadtanzeiger), Karsten Klüner (ZDF Kinder- und Jugendprogramm), Bertram Küster (Bild.de), Anatol Locker (freier Journalist), Dr. Kathrin Mertes (Universität Mainz), Kurt Sagatz (Tagesspiegel), Linda Scholz (Spieleratgeber-NRW), Prof. Dr. Friederike Siller (Fachhochschule Köln), Dr. Michael Spehr (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Melanie Teich (Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig) und Luisa Zobel, (Schülerin, 12 Jahre).

Diese Bibliotheken suchen eine Kinderjury
Kinder, die zwischen sechs und 13 Jahre alt sind und sich gut mit Computerspielen auskennen, können sich bei den unten aufgeführten Bibliotheken bewerben. Auch ganze Schulklassen sind in der Kinderjury der Bibliotheken willkommen. 

Baden-Württemberg
Stadtbibliothek Ludwigsburg, Stadtbücherei Biberach, Medien- und Informationszentrum
Stadtbibliothek Freiburg
Bayern
Stadtbibliothek Straubing, Münchner Stadtbibliothek am Gasteig

Berlin
Stadtbibliothek Berlin-Lichtenberg,  Anna-Seghers-Bibliothek, Egon-Erwin-Kisch-Bibliothek, Bodo-Uhse-Bibliothek




Brandenburg
Anna-Ditzen-Bibliothek, Neuenhagen
Hamburg
Bücherhallen Hamburg: Bücherhalle Alstertal
Hessen
Stadtbücherei Frankfurt am Main: Bibliothekszentrum Sachsenhausen
Niedersachsen
Stadtbibliothek Hannover
Nordrhein-Westfalen
Stadtbibliothek Leverkusen
Sachsen
Stadtbibliothek Euskirchen
Leipziger Städtische Bibliotheken
Sachsen-Anhalt
Stadt- und Schulbibliothek Landsberg
Schleswig-Holstein
Stadtbücherei Kiel



Maiken Hagemeister
Leitung Kommunikation und Pressesprecherin

Deutscher Bibliotheksverband (dbv)
Netzwerk Bibliothek
Fritschestr. 27-28
10585 Berlin
T +49 (0)30 644 98 99 25
F +49 (0)30 644 98 99 29

MRT: Geht‘s auch ohne Kontrastmittel? Ja, mit Zucker!



Wissenschaftlern im Deutschen Krebsforschungszentrum ist es in Zusammenarbeit mit Kollegen des Universitätsklinikums Heidelberg gelungen, Gehirntumoren mit einem neuen MRT-Verfahren sichtbar zu machen. Statt der üblichen Kontrastmittel, die für den Körper belastend sein können, nutzen sie eine einfache Zuckerlösung.

Bei einer Magnetresonanztomografie (MRT) verbessern Kontrastmittel die bildliche Darstellung der Gewebestrukturen. Sie verstärken die Signale in den Blutgefäßen und im Raum zwischen den Zellen, gelangen jedoch nicht ins Zellinnere. Glukose (Traubenzucker) hingegen wird in die Körperzellen aufgenommen und dort abgebaut. Besonders Tumorzellen sind süchtig nach Zucker, um ihren hohen Energiebedarf zu decken. Die Beobachtung der Zucker-Stoffwechselaktivität könnte daher Krebsherde oder sogar besonders aggressiv wachsende Tumorareale identifizieren. Radiologen und Physikern aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum ist diese neue Art der Bildgebung nun gelungen.

Die klassische MRT beruht auf der Messung der Signale von Protonen im Wasser. Da der Körper zu über 60 Prozent aus Wasser besteht, entsteht so ein deutliches Bild. Um den viel geringer konzentrierten Traubenzucker sichtbar zu machen, benutzen die DKFZ-Forscher einen Hochfeld-Tomographen mit einer Magnetfeldstärke von 7 Tesla und eine spezielle Methode, um das Glukose-Signal selektiv zu verstärken. Damit lässt sich eine ausreichende Signalstärke erzielen, die es ermöglicht, die Änderungen der Zuckerkonzentration im Hirngewebe nach der Injektion von Glukoselösung sichtbar zu machen.

Das der Methode zu Grunde liegende physikalische Prinzip ist der „Magnetisierungstransfer-Effekt“. Dieser ist seit Jahrzehnten bekannt, konnte bislang aber noch nicht für die Glukose-Bildgebung beim Menschen genutzt werden. Beim Magnetisierungstransfer wird das Signal der Glukose-Protonen auf das im MRT gemessene körpereigene Wasser übertragen. Der Effekt ist proportional zur lokalen Glukosekonzentration und bildet daher die regionale Veränderung der Zuckerkonzentration ab. Die für die Glukose-Messung benötigte Menge an Traubenzucker entspricht etwa fünf Stück Würfelzucker.

Der Physiker Patrick Schünke und der Arzt und Physiker Daniel Paech konnten in ihrer aktuellen Arbeit sowohl die Änderung des Glukosesignals von gesunden Hirnarealen als auch die krankhafte Änderung in Hirntumoren beim Menschen beobachten.

Mit einem anderen Messverfahren, der Positronenemissions-Tomographie (PET), machen Wissenschaftler bereits seit Jahrzehnten den erhöhten Zuckerverbrauch in Tumoren sichtbar. Allerdings sind dazu radioaktiv markierte Zuckermoleküle notwendig. „Unsere Glukose-MRT dagegen kommt ohne jegliche Radioaktivität und somit ohne eine Strahlenbelastung für den Patienten aus“, sagt Daniel Paech, der Erstautor der Arbeit.

Am Zucker-MRT-Projekt arbeiten DKFZ-Wissenschaftler der Arbeitsgruppen von Peter Bachert, Mark Ladd und Heinz-Peter Schlemmer zusammen. Die Forscher weisen darauf hin, dass noch nicht alle Fragen zur neuen Messmethode vollständig geklärt sind. „Wir wissen noch nicht, wie die Anteile der gemessenen Glukose zwischen Gefäßen und Extrazellularraum einerseits und dem Zellinneren andererseits verteilt sind. Wenn sich bestätigt, dass wesentliche Signale vom Zucker aus dem Zellinneren herrühren, würde das für die Tumor- und funktionelle MRT-Bildgebung eine wichtige Zusatzinformation bedeuten. Das könnte die Therapieplanung und das Monitoring verbessern“, sagt der Radiologe Heinz-Peter Schlemmer.


Paech, Schuenke, Koehler, Windschuh, Mundiyanapurath, Bickelhaupt, Bonekamp, Bäumer, Bachert, Ladd, Bendszus, Wick, Unterberg, Schlemmer,  Zaiss, Radbruch. T1ρ-weighted Dynamic Glucose Enhanced MRI in the Human Brain.
Radiology 2017, DOI: 10.1148/radiol.2017162351

Weitere Publikationen zum Thema:

Schuenke, Koehler, Korzowski, Windschuh, Bachert, Ladd, Mundiyanapurath, Paech, Bickelhaupt, Bonekamp, Schlemmer, Radbruch, Zaiss. Adiabatically Prepared Spin-Lock Approach for T1ρ-Based Dynamic Glucose Enhanced MRI at Ultrahigh Fields. Magnetic Resonance in Medicine, 2016, DOI:10.1002/mrm.26370

Schuenke, Paech, Koehler, Windschuh, Bachert, Ladd, Schlemmer, Radbruch, Zaiss. Fast and quantitative T1ρ-weighted Dynamic Glucose Enhanced MRI. Scientific Reports 7, 42093, 2017, DOI: 10.1038/srep42093


Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.

Ansprechpartner für die Presse:

Dr. Sibylle Kohlstädt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2843
F: +49 6221 42 2968



Unis Köln, Bonn und Aachen: Sonderforschungsbereich 806 ‚Our Way to Europe’: Dritte Förderperiode bis 2021 bewilligt

Der Sonderforschungsbereich 806 ‚Our Way to Europe’ der Universitäten Köln, Bonn und Aachen wird für eine dritte Forschungsperiode bis 2021 von der Deutschen Forschungsgesellschaft gefördert.

Der Sonderforschungsbereich 806 (SFB) erforscht die Ausbreitung des Modernen Menschen von Afrika aus bis zu seiner Sesshaftwerdung in Zentraleuropa innerhalb der letzten 190.000 Jahre. Wie kam es zur Entwicklung des modernen Menschen in Ostafrika? Warum erfuhr die zunächst sehr kleine Gruppe ein Populationswachstum und wanderte nach Norden? Welche Faktoren spielten bei der Wanderung und Ausbreitung eine Rolle? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, erforschen die WissenschaftlerInnen die Ausbreitung unserer frühen Vorfahren unter chronologischen, klimatischen, umweltbedingten und soziokulturellen Gesichtspunkten.

Mit den Ausbreitungsprozessen gehen bedeutende Entwicklungsereignisse in der Menschheitsgeschichte einher. Menschliches Handeln, Klima und Umwelt zählen hier zu den grundlegenden Faktoren, die die Mobilität von Populationen beeinflussen. Der SFB erarbeitet interdisziplinäre Modelle, die zeigen können, in welchem Maß Wanderung und Ausbreitung durch die Umweltbedingungen entweder unterstützt oder begrenzt wurden. Fallstudien unterschiedlicher Forschungsbereiche und Disziplinen, etwa aus der Archäologie und den Geowissenschaften, werden herangezogen, in Beziehung gesetzt und für vergleichende Schlussfolgerungen genutzt.  
Der SFB 806 umfasst 21 Teilprojekte – darunter ein integriertes Graduiertenkolleg – und wird an der Universität zu Köln koordiniert. Weitere Standorte sind die Universität Bonn und die RWTH Aachen sowie als assoziierter Standort das Neanderthal Museum, an dem derzeit die vom SFB organisierte Sonderausstellung ‚2 Millionen Jahre Migration’ stattfindet.
Text: Jan Voelkel


Kontakt:
Jan Voelkel
SFB 806 - Redaktion & Presse
Mobil. +49 (0) 177 184 90 64
E-Mail: j.voelkel@uni-koeln.de

Weitere Informationen:
www.sfb806.de/media


Verantwortlich: Dr. Patrick Honecker MBA

Mittwoch, 14. Juni 2017

Stiftung Bildung und Gesellschaft: Primus-Preis des Monats für Kleine Kosmonauten


Foto: Hartwig Kwella

Ein Projekt, das Kinder und Kunst im sozialen Brennpunkt Hamburg-Jenfeld zusammenbringt, erhält im Juni den mit 1.000 Euro dotierten Primus-Preis der Stiftung Bildung und Gesellschaft.

Berlin, 14. Juni 2017. Das Programm „Kleine Kosmonauten“ nimmt Kinder im Alter zwischen acht und elf Jahren auf Reisen mit – quer durch Hamburg und in die Welt der Kunst. Kurse machen die Schüler mit bildender Kunst und Musik, Theater oder Tanz bekannt. Die Ausflüge arbeiten die Kids gemeinsam mit professionellen Künstlern nach. Zum Abschluss der insgesamt auf drei bis vier Monate angelegten „Expeditionen“ findet immer eine Präsentation mit den zuvor entstandenen Kunstwerken statt.

Die „kleinen Kosmonauten“ erweitern dabei im wahrsten Sinne des Wortes ihren Horizont: „Was wir in unserer Arbeit besonders auffällig fanden, ist, dass viele der Kinder, die wir betreuen, Jenfeld noch nie verlassen haben“, erzählt Juliette Groß vom Projektträger, dem Schulverein der Schule Oppelner Straße in Hamburg. „Während der ersten Ausflüge hat sich herausgestellt, dass mehr als zwei Drittel der Kinder aus unserer Gruppe die Alster und den Michel noch nie gesehen hatten. Wir gehen mit Kindern ins Museum, die nie zuvor ein Museum betreten haben.“

Das großteils durch die Bürgerstiftung Hamburg finanzierte Projekt ist schulübergreifend und für alle Kinder im Quartier offen. 98 Prozent der Kinder haben einen Migrationshintergrund. Juliette Groß: „Wir wollen Blickwinkel verändern, damit die Kinder nicht nur ein Kunstwerk schaffen, sondern ihr Leben als Kunstwerk begreifen, dessen Schöpfer sie selbst sind.“

„Viele der kleinen Kosmonauten führen die Ausflüge wirklich in neue Welten. Das hat unsere Jury überzeugt“, erklärt Birgit Ossenkopf, stellvertretende Geschäftsführerin der Stiftung Bildung und Gesellschaft. „Das Projekt ist ein schönes Beispiel dafür, wie Kinder aus einem schwierigen Umfeld ihr eigenes Potenzial kennen und schätzen lernen können.“

Website zum Projekt:

Der Primus-Preis wird jeden Monat an ein kleines, vorbildhaftes Projekt vergeben. Die Stiftung Bildung und Gesellschaft will damit Initiativen fördern, die ein konkretes Problem in der Kita oder in der Schule vor Ort aufgreifen und lösen wollen. Wichtig ist, dass die Projekte auf alle Regionen übertragbar sind und nicht parallel agieren, sondern an das staatliche Bildungssystem andocken. Lokale Akteure – wie Arbeitsagenturen oder Schulämter, aber auch Unternehmen sowie kulturelle Einrichtungen – sollten einbezogen sein. Zusätzlich schreibt die Stiftung Bildung und Gesellschaft den Sonder-Primus Grenzenlos aus, um zivilgesellschaftliche Initiativen zu würdigen, die sich speziell für die Bildung von geflüchteten oder zugewanderten Kindern und Jugendlichen engagieren. Aus allen von Januar bis Dezember 2017 ausgezeichneten Projekten wird der Primus des Jahres gewählt und mit 5.000 Euro Preisgeld prämiert.


Kontakt:
Juliette Groß
Schulverein der Schule Oppelner Straße e.V.
T: 040 298 128 35

Peggy Groß
Stiftung Bildung und Gesellschaft
T 030 322 982-530

Dienstag, 13. Juni 2017

Margaret Atwood erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2017


Copyright: Jean Malek

Der Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels hat die kanadische Schriftstellerin, Essayistin und Dichterin Margaret Atwood zur diesjährigen Trägerin des Friedenspreises gewählt. Das gab Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, bei der Eröffnung der Buchtage Berlin 2017 bekannt. Die Verleihung findet zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 15. Oktober 2017, in der Paulskirche in Frankfurt am Main statt und wird live im Fernsehen übertragen. Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert.

In der Begründung des Stiftungsrats heißt es: „Die kanadische Schriftstellerin, Essayistin und Dichterin zeigt in ihren Romanen und Sachbüchern immer wieder ihr politisches Gespür und ihre Hellhörigkeit für gefährliche unterschwellige Entwicklungen und Strömungen. Als eine der bedeutendsten Erzählerinnen unserer Zeit stellt sie die sich wandelnden Denk- und Verhaltensweisen ins Zentrum ihres Schaffens und lotet sie in ihren utopischen wie dystopischen Werken furchtlos aus. Indem sie menschliche Widersprüchlichkeiten genau beobachtet, zeigt sie, wie leicht vermeintliche Normalität ins Unmenschliche kippen kann. Humanität, Gerechtigkeitsstreben und Toleranz prägen die Haltung Margaret Atwoods, die mit wachem Bewusstsein und tiefer Menschenkenntnis auf die Welt blickt und ihre Analysen und Sorgen für uns so sprachgewaltig wie literarisch eindringlich formuliert. Durch sie erfahren wir, wer wir sind, wo wir stehen und was wir uns und einem friedlichen Zusammenleben schuldig sind.“

Margaret Atwood, geboren am 18. November 1939 im kanadischen Ottawa, gilt als wichtigste und erfolgreichste Autorin Kanadas. Ihr Werk, bestehend aus Romanen, Kurzgeschichten, Essays, Lyrik, Theaterstücken, Drehbüchern und Kinderbüchern ist mittlerweile in mehr als 30 Sprachen erschienen. Sie lebt mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Graeme Gibson, in Toronto.

Margaret Atwood studierte von 1957 bis 1962 in Toronto und Cambridge/Massachusetts Englisch und Literatur. Ab 1964 war sie als Literaturwissenschaftlerin an verschiedenen Universitäten tätig. Erste Gedichte (wie „The Circle Game“) publiziert sie bereits Anfang der 1960er Jahre im „Selbstdruckverfahren“. Mit der Veröffentlichung ihres ersten literaturkritischen Werks „Survival: A Thematic Guide to Canadian Literature“ (1972) und ihrer ersten beiden Romane „Die essbare Frau“ (1969; dt. 1985) und „Der lange Traum“ (1972; dt. 1979) erlangte sie national wie auch international erste größere Bekanntheit.

In ihren literarischen und essayistischen Werken setzt sich Atwood intensiv mit gesellschaftlichen und politischen Fragen auseinander. In ihrem 1985 (dt. 1987) erschienenen utopischen Roman „Der Report der Magd“ beschreibt sie in der Tradition George Orwells eine totalitäre Gesellschaft, in der Frauen als Gebärmaschinen benutzt und unterdrückt werden. In ihrer Endzeit-Trilogie „Oryx und Crake“ (2003), „Das Jahr der Flut“ (2009) und „Die Geschichte von Zeb“ (2013, dt. 2014) entwirft sie eine postapokalyptische Welt, durch die sie die ökologischen Auswirkungen und gefährliche Strömungen in der Gesellschaft ins Auge nimmt. Ihr Essay „Payback. Schulden und die Schattenseiten des Wohlstands“ (2008) thematisiert die Voraussetzungen und Folgen der weltweiten Finanzkrise. Auch über ihr künstlerisches Schaffen hinaus engagiert sich Atwood politisch und gesellschaftlich, etwa als Umweltaktivistin. Gemeinsam mit Salman Rushdie führt sie seit Mai 2017 eine Kampagne des PEN International an, die verfolgten und von Zensur bedrohten Menschen Unterstützung und größere Aufmerksamkeit geben will.

Margaret Atwood wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Booker Prize for Fiction (2000), dem Nelly Sachs-Preis (2009), dem Canadian Booksellers' Lifetime Achievement Award (2012) und dem PEN Printer Prize (2016). Zuletzt erschien ihr Roman „Hexenjagd“ (2016, dt. 2017). Ende 2017 wird der Essayband „Aus Neugier und Leidenschaft“ veröffentlicht, in dem der schriftstellerische Kosmos von Margaret Atwood mit Rezensionen, Reisebereichten, Schriften zu ökologischen Themen und Erzählungen vorgestellt wird.


Kontakt für die Medien:


Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.
Thomas Koch, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon +49 (0) 69 1306-293, E-Mail: t.koch@boev.de
Cathrin Mund, PR-Managerin
Telefon +49 (0) 69 1306-292, E-Mail: mund@boev.de

Samstag, 10. Juni 2017

„Double Shift“ – Wie Jordanien Flüchtlingskindern eine Schulbildung ermöglicht


Das Fotoprojekt zeigt die persönlichen Wünsche von 85 jordanischen und syrischen Schulkindern. Foto: Paula Ellguth und Marjam Fels

Das Fotoprojekt zeigt die persönlichen Wünsche von 85 jordanischen und syrischen Schulkindern. Foto: Paula Ellguth und Marjam Fels


Morgens werden die jordanischen Kinder unterrichtet, nachmittags Schülerinnen und Schüler aus Syrien. „Double-Shift“ (Doppelschicht) heißt das Modell, das Jordanien einsetzt, um zusätzlich zu den eigenen Schulkindern hunderttausenden von Flüchtlingskindern aus dem benachbarten Bürgerkriegsland eine Schulbildung zu ermöglichen. Wie gelingt es einem kleinen Land wie Jordanien eine so gewaltige Herausforderung zu meistern? In einem gemeinsamen Forschungsprojekt haben das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), die Universität der Künste (UdK) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) das jordanische Schulsystem in den Blick genommen, das mit seinem Doppelschicht-System zum Vorbild für andere Länder werden könnte, die Kinder von Flüchtlingen und Migranten in ihr Schulsystem aufnehmen möchten. Die Ergebnisse des Projekts werden auf der multimedialen Webseite „Double Shift“ dokumentiert.
Das Doppelschicht-System wird von Jordanien seit 1960 praktiziert – ein Lösungsansatz, um überfüllte Klassenräume öffentlicher Schulen in Jordanien zu entlasten. Heute, mit mehr als 400.000 zusätzlichen Kindern aus Syrien, ist „Double-Shift“ ein effektives Instrument, um ihnen eine Schulbildung zu ermöglichen und sie in die Gesellschaft Jordaniens zu integrieren. Derzeit gibt es 100 Doppelschicht-Schulen im Land. Die interaktive Webseite double-shift.org dokumentiert in Bildern, Videos und Grafiken erstmals umfassend in einer Kombination von sozialwissenschaftlichen und gestalterischen Methoden den Alltag an den jordanischen Schulen in Zeiten des Syrienkonflikts.
„Double Shift“ hat seine Anfänge im „Visual Society Program“, einer Kooperation zwischen dem WZB und der Universität der Künste (UdK), die von David Skopec initiiert wurde. Das Programm zeichnet sich dadurch aus, dass Gestalter/-innen und Sozialwissenschaftler/-innen zusammenarbeiten und forschen. Das Projektteam besteht aus Steffen Huck, dem Direktor der Abteilung Ökonomik des Wandels am WZB, Heike Harmgart, Leiterin des Resident Office der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in Jordanien, den Gestalterinnen Paula Ellguth und Marjam Fels und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Philipp Albert (alle drei WZB). Zweimal war das Team für mehrere Wochen in Jordanien; sie besuchten Schulen, sprachen mit Schulleiterinnen, Vertretern von NGOs (UNICEF, United States Agency for International Development) und Ministerien und interviewten Eltern. In Workshops wurden zudem die Schülerinnen und Schüler nach ihren Wünschen und Zielen befragt.
Das Projekt zeigt: Dem Land gelingt es überwiegend, die Flüchtlingskinder zu integrieren, doch der Schulalltag bleibt wegen fehlender Ressourcen wie Wasser, Räume, Schulmöbel und -materialien eine Herausforderung. Außerdem gibt es auch kritische Stimmen im Land, unter anderem weil die jordanischen und syrischen Kinder meist getrennt unterrichtet werden. „Dennoch ist das Engagement der Lehrerinnen und Lehrer überwältigend und die Bilanz positiv“, sagt Steffen Huck.
Auch für die jordanische Wirtschaft könnte sich die Investition in Bildung für syrische Flüchtlingskinder als Gewinn erweisen. Vor allem durch das Doppelschicht-System gelingt es dem Land, mit vergleichsweise geringem finanziellem Aufwand Kinder zu einer Schulbildung zu verhelfen. Die Analyse „benefits through education“ im Projekt zeigt: Wenn den verbleibenden 79.500 registrierten Flüchtlingskindern aus Syrien, die derzeit noch nicht in Schulen integriert sind, Bildung durch das Doppelschichtsystem ermöglicht werden könnte, würde für Jordanien ein wirtschaftlicher Mehrwert von 266 Millionen Dollar entstehen.
Aus Sicht von Heike Harmgart ist die Investition in die Bildung ein wesentlicher Bestandteil für das ressourcenarme Jordanien – die Kinder sind die Zukunft des Landes.

Die Website „Double Shift“ finden Sie hier.
Pressekontakt
Prof. Dr. Steffen Huck
Direktor der Abteilung
Ökonomik des Wandels
Telefon: 030-25491-421
steffen.huck@wzb.eu
 
Kerstin Schneider
WZB-Pressestelle
Telefon 030-25491-506
kerstin.schneider@wzb.eu 

Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001