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Dienstag, 6. Juni 2017

Ein digitaler Studierendenausweis für Europa

Deutsches Studentenwerk (DSW) veranstaltet internationale Konferenz in Münster; EU-gefördertes Projekt: European Student Card (ESC) – ein digitaler Studierendenausweis für Europa; mögliche Funktionen der Karte: Speicherung von Studienleistungen, Mensakarte, Semesterticket, Bibliotheksausweis; Beteiligt: Centre National des Ouevres Universitaires et Scolaires (CNOUS), Deutsches Studentenwerk (DSW) und weitere Partner

Am Dienstag, den 6. Juni 2017, wird in Münster auf einer internationalen Fachkonferenz das von der  Europäischen Union geförderte Pilotprojekt einer „European Student Card“ (ESC) vorgestellt,  eines gemeinsamen, europäischen Studierendenausweises. Das teilt das Deutsche Studentenwerk (DSW) mit.
Ziel des Projektes ist ein gemeinsamer, europäischer Studierendenausweis, der den Zugang zu so unterschiedlichen Leistungen wie Bezahlfunktionen in der Mensa, Ausleihe an Hochschulbibliotheken, perspektivisch die Nutzung des ÖPNV oder den digitalen Transfer von Studienleistungen innerhalb Europas ermöglichen soll.
Die Europäische Union fördert das Vorhaben mit knapp 300.000 Euro im Rahmen des Erasmus+ Programms; federführend ist der französische Studentenwerks-Verband Centre Nationale des Oeuvres Universitaires et Scholaires (CNOUS); das Deutsche Studentenwerk ist Kooperationspartner.
Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des DSW, erläutert: „Ein gemeinsamer, europäischer Studierendenausweis würde die Mobilität während des Studiums erleichtern und wäre für alle Beteiligten, Hochschulen, Studierende und Studentenwerke, im Zeitalter der Digitalisierung ein technischer Fortschritt. Damit wird auch ein Kernziel des Bologna-Prozesses unterstützt; ich halte das Vorhaben für eine große Chance, die Hochschulen und Studentenwerke gemeinsam ergreifen sollten.“
Auf der „European Student Card“ sollen Studienleistungen und abgeschlossene Prüfungen digital gespeichert werden, um die Anerkennung von im Ausland erbrachten Studienleistungen zu erleichtern. Der Zugang und die Ausleihe in Bibliotheken sind ebenso mögliche Anwendungsfelder wie die Bezahlung in Einrichtungen der Hochschulgastronomie oder an Kopiergeräten auf dem Campus. Die Karte soll perspektivisch auch die Funktion eines Semestertickets übernehmen können und die gegenseitige Anerkennung im Ausland erbrachter Studienleistungen ermöglichen.
Zu diesem Zweck ist eine Online-Plattform eingerichtet worden, die den europäischen Hochschulen einen digitalen Nachweis des Studierendenstatus erlaubt. In einer Probephase soll die Karte zunächst an verschiedenen Standorten in Frankreich, Deutschland, Irland und Italien getestet werden, in Deutschland unter anderem beim Karlsruher Institut für Technologie und beim Studierendenwerk Karlsruhe. 
Ausgerichtet wird die Konferenz in Münster vom Deutschen Studentenwerk,  in Kooperation mit seinem französischen Gegenstück CNOUS und weiteren Projektpartnern.
Die Konferenz richtet sich an die Leitungsebene und IT-Verantwortlichen der Hochschulen. In Münster wird ein Überblick über den aktuellen Entwicklungsstand des Projektes und ein Erfahrungsbericht der an der Pilotphase beteiligten Organisationen gegeben.

Konferenzprogramm online:



Moritz Leetz

Deutsches Studentenwerk
Presse- und Verbandskommunikation
Tel.: +49 (0)30/297727-22


Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001