Wissenschaftlern im Deutschen Krebsforschungszentrum ist
es in Zusammenarbeit mit Kollegen des Universitätsklinikums Heidelberg
gelungen, Gehirntumoren mit einem neuen MRT-Verfahren sichtbar zu machen. Statt
der üblichen Kontrastmittel, die für den Körper belastend sein können, nutzen
sie eine einfache Zuckerlösung.
Bei einer Magnetresonanztomografie (MRT) verbessern
Kontrastmittel die bildliche Darstellung der Gewebestrukturen. Sie verstärken
die Signale in den Blutgefäßen und im Raum zwischen den Zellen, gelangen jedoch
nicht ins Zellinnere. Glukose (Traubenzucker) hingegen wird in die Körperzellen
aufgenommen und dort abgebaut. Besonders Tumorzellen sind süchtig nach Zucker,
um ihren hohen Energiebedarf zu decken. Die Beobachtung der Zucker-Stoffwechselaktivität
könnte daher Krebsherde oder sogar besonders aggressiv wachsende Tumorareale
identifizieren. Radiologen und Physikern aus dem Deutschen
Krebsforschungszentrum ist diese neue Art der Bildgebung nun gelungen.
Die klassische MRT beruht auf der Messung der Signale von
Protonen im Wasser. Da der Körper zu über 60 Prozent aus Wasser besteht,
entsteht so ein deutliches Bild. Um den viel geringer konzentrierten
Traubenzucker sichtbar zu machen, benutzen die DKFZ-Forscher einen
Hochfeld-Tomographen mit einer Magnetfeldstärke von 7 Tesla und eine spezielle
Methode, um das Glukose-Signal selektiv zu verstärken. Damit lässt sich eine
ausreichende Signalstärke erzielen, die es ermöglicht, die Änderungen der
Zuckerkonzentration im Hirngewebe nach der Injektion von Glukoselösung sichtbar
zu machen.
Das der Methode zu Grunde liegende physikalische Prinzip
ist der „Magnetisierungstransfer-Effekt“. Dieser ist seit Jahrzehnten bekannt,
konnte bislang aber noch nicht für die Glukose-Bildgebung beim Menschen genutzt
werden. Beim Magnetisierungstransfer wird das Signal der Glukose-Protonen auf
das im MRT gemessene körpereigene Wasser übertragen. Der Effekt ist
proportional zur lokalen Glukosekonzentration und bildet daher die regionale
Veränderung der Zuckerkonzentration ab. Die für die Glukose-Messung benötigte
Menge an Traubenzucker entspricht etwa fünf Stück Würfelzucker.
Der Physiker Patrick Schünke und der Arzt und Physiker
Daniel Paech konnten in ihrer aktuellen Arbeit sowohl die Änderung des
Glukosesignals von gesunden Hirnarealen als auch die krankhafte Änderung in
Hirntumoren beim Menschen beobachten.
Mit einem anderen Messverfahren, der
Positronenemissions-Tomographie (PET), machen Wissenschaftler bereits seit
Jahrzehnten den erhöhten Zuckerverbrauch in Tumoren sichtbar. Allerdings sind
dazu radioaktiv markierte Zuckermoleküle notwendig. „Unsere Glukose-MRT dagegen
kommt ohne jegliche Radioaktivität und somit ohne eine Strahlenbelastung für
den Patienten aus“, sagt Daniel Paech, der Erstautor der Arbeit.
Am Zucker-MRT-Projekt arbeiten DKFZ-Wissenschaftler der
Arbeitsgruppen von Peter Bachert, Mark Ladd und Heinz-Peter Schlemmer zusammen.
Die Forscher weisen darauf hin, dass noch nicht alle Fragen zur neuen
Messmethode vollständig geklärt sind. „Wir wissen noch nicht, wie die Anteile
der gemessenen Glukose zwischen Gefäßen und Extrazellularraum einerseits und
dem Zellinneren andererseits verteilt sind. Wenn sich bestätigt, dass
wesentliche Signale vom Zucker aus dem Zellinneren herrühren, würde das für die
Tumor- und funktionelle MRT-Bildgebung eine wichtige Zusatzinformation
bedeuten. Das könnte die Therapieplanung und das Monitoring verbessern“, sagt
der Radiologe Heinz-Peter Schlemmer.
Paech, Schuenke, Koehler, Windschuh, Mundiyanapurath,
Bickelhaupt, Bonekamp, Bäumer, Bachert, Ladd, Bendszus, Wick, Unterberg,
Schlemmer, Zaiss, Radbruch. T1ρ-weighted
Dynamic Glucose Enhanced MRI in the Human Brain.
Radiology 2017, DOI: 10.1148/radiol.2017162351
Weitere Publikationen zum Thema:
Schuenke, Koehler, Korzowski, Windschuh, Bachert, Ladd,
Mundiyanapurath, Paech, Bickelhaupt, Bonekamp, Schlemmer, Radbruch, Zaiss.
Adiabatically Prepared Spin-Lock Approach for T1ρ-Based Dynamic Glucose
Enhanced MRI at Ultrahigh Fields. Magnetic Resonance in Medicine, 2016, DOI:10.1002/mrm.26370
Schuenke, Paech, Koehler, Windschuh, Bachert, Ladd,
Schlemmer, Radbruch, Zaiss. Fast and quantitative T1ρ-weighted Dynamic Glucose
Enhanced MRI. Scientific Reports 7, 42093, 2017, DOI: 10.1038/srep42093
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr
als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen
Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass
Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren
präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden
können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes
(KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die
Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat
das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die
Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale
Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für
Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben
universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter
Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist
ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das
DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu
10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der
Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
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