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Mittwoch, 19. Juli 2017

Am Ende steht ein neuer Anfang: LISA Pathfinder bereitet den Weg für das Gravitationswellen-Observatorium LISA




•Am 18. Juli 2017 endete nach 16 Monaten wissenschaftlichen Betriebs die Technologieerpobungsmission LISA Pathfinder.
•Die Technologie von LISA Pathfinder hat dabei so gut funktioniert, dass sie nun teilweise direkt beim Gravitationswellen-Observatorium LISA zum Einsatz kommen soll.

Am Abend des 18. Juli 2017 ist die Mission LISA Pathfinder nach 16 Monaten wissenschaftlichen Betriebs im Orbit abgeschaltet worden. Damit geht eine anspruchsvolle Technologiedemonstration im Weltraum zu Ende. Das Raumfahrtmanagement im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Max-Planck-Gesellschaft haben den deutschen Beitrag zu dieser Mission der europäischen Weltraumorganisation ESA finanziert. LISA Pathfinder hat bei der Vorbereitung einer Weltraum-Laserinterferometrie zum Nachweis von Gravitationswellen die Grenzen des bisher technisch Möglichen übertroffen und damit einen wichtigen Schritt hin auf das geplante Gravitationswellen-Observatorium LISA (Laser Interferometer Space Antenna)  gemacht. LISA soll winzigste Schwingungen der Raumzeit - sogenannte Gravitationswellen - "beobachten" und damit den energiereichsten und heftigsten astrophysikalischen Ereignissen in unserem Universum auf die Spur kommen. Sie sollen von LISA ab 2034 mit Hilfe einer Laserinterferometrie zwischen drei jeweils rund zweieinhalb Millionen Kilometer voneinander entfernten Sonden erforscht werden. War LISA bisher lediglich ein Missionskonzept, so hat das Science Programme Committee (SPC) der ESA die Mission inzwischen als dritte der großen Missionen (L3) seines "Cosmic Vision Programms" ausgewählt.

Herzstück von LISA Pathfinder funktionierte tadellos

Wie der Missionsname bereits verrät, sollte die am 3. Dezember 2015 gestartete Mission LISA Pathfinder den Weg für das Gravitationswellen-Observatorium bereiten. Hier wurden Schlüsseltechnologien für LISA erprobt, die wegen der Schwerkraft und anderer Störungen auf der Erde nicht angemessen getestet werden können. Einige davon sind im sogenannten LISA Technology Package (LTP) untergebracht. Diese komplexe Nutzlast - das Herzstück von LISA Pathfinder - wurde unter der Leitung der Airbus Defence & Space GmbH in Friedrichshafen mit Beistellungen wichtiger Komponenten und Beiträgen aus mehreren europäischen Ländern entwickelt. In Friedrichshafen wurde auch ihr Kernstück - das LTP Core Assembly - gebaut, getestet und danach bei der Firma IABG in Ottobrunn in die Sonde integriert. "Diese Technologie hat sehr gut funktioniert. Schon bei den ersten Messungen Ende Februar 2016 zeigte sich noch während der Inbetriebnahme der Sonde, dass die Ziele der Mission zum Teil deutlich übertroffen werden würden", blickt Dr. Hans-Georg Grothues, LISA Pathfinder-Projektleiter im DLR Raumfahrtmanagement, zurück. Es wurde daher im Juni 2016 beschlossen, die Mission bis Mitte 2017 zu verlängern. "So konnten noch weitere, zum Teil mehrwöchige Langzeitmessungen gemacht werden, die die Ergebnisse noch einmal deutlich verbessert haben. Am Ende der Mission wurden sogar weitgehend die Anforderungen für die spätere LISA-Mission erreicht und teilweise sogar übertroffen", ergänzt Grothues. Erste Ergebnisse sind auch in einer Fachveröffentlichung publiziert.

Technologie bereit für den Einsatz bei LISA

Weil die Tests über Erwarten gut verliefen, kann ein Teil der LTP-Technologie nun auch bei LISA zum Einsatz kommen. "Richtig gut haben vor allem die sogenannten Inertialsensoren für das Laserinterferometer von LISA und das sogenannte Drag-Free-Attitude-Control-System (DFACS) funktioniert", erklärt Grothues. Das DFACS bekommt Signale der Inertialsensoren und hält in einer Rückkoppelungsschleife die Sonde im Gleichgewicht, indem es Störkräfte - wie zum Beispiel den Strahlungsdruck der Sonne - sehr genau über den Einsatz von europäischen Kaltgastrieb- und US-amerikanischen Kolloidtriebwerken vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA ausgleicht: Raumsonde und Nutzlast bilden auf diese Weise eine untrennbare Einheit. Die Inertialsensoren enthalten freifliegende, würfelförmige Testmassen von etwa zwei Kilogramm Masse aus einer speziellen Gold-Platin-Legierung. Sie bilden die Spiegel an den Enden der Arme des Laser-Interferometers, dessen Licht durch einen besonders rauscharmen Laser der deutschen Firma Tesat Spacecom GmbH erzeugt wird. Nahezu reibungslos funktionierte auch die kritische Freigabe der Testmassen, die während des Starts durch einen Haltemechanismus gesichert werden mussten. Auch deren mehrfaches Wiedereinfangen, Positionieren und Freigeben im Laufe der Mission wurden erfolgreich durchgeführt.

Mit einem riesigen Laser-Dreieck Gravitationswellen auf der Spur

Bei LISA werden diese Arme des Laserinterferometers durch drei Satelliten an den Ecken eines nahezu gleichseitigen Dreiecks aufgespannt und rund 2,5 Millionen Kilometer lang sein. Läuft eine Gravitationswelle durch diese Konstellation hindurch, ändern sich die Abstände zwischen den Testmassen in den Satelliten minimal. "Diese unvorstellbar kleinen Abstandsänderungen sind gerade einmal so groß, wie der Kern eines Wasserstoffatoms. Wir wissen jetzt aber, dass wir sie - und damit auch Gravitationswellen - mit der höchst empfindlichen Laserinterferometrie-Messtechnik im Weltraum nachweisen und untersuchen können. Dank LISA Pathfinder wird die exakte Kenntnis dieser Abweichungen nun in die Konstruktion des LISA Gravitationswellen-Observatoriums einfließen", betont Grothues. Zwar wurde bei LISA Pathfinder die Armlänge auf 38 Zentimeter drastisch verkürzt, um das Interferometer im Wissenschaftsmodul der Mission unterzubringen zu können. "Dennoch erlaubt das LTP repräsentative Messungen vieler Effekte und Störungen an den beiden freifliegenden Massen, wie sie später auch bei LISA charakteristisch sein werden", sagt der DLR-Missionsmanager.

Industrielle Beteiligung und Forschungsinstitute

Als Europäische Raumfahrtagentur war die ESA für die Durchführung der Mission LISA Pathfinder verantwortlich. In deren Auftrag hat die Airbus Defence & Space Ltd. in Großbritannien die Sonde gebaut und die Mission geplant. Unter der Leitung der Airbus Defence & Space GmbH in Friedrichshafen waren an der Entwicklung des LISA Technology Package (LTP) neben der ESA Forschungseinrichtungen und Industriefirmen aus Deutschland, Italien, Großbritannien, Spanien, der Schweiz, Frankreich und den Niederlanden entscheidend beteiligt. Bei Airbus in Friedrichshafen wurde auch das Kernstück der Nutzlast - das LTP Core Assembly - gebaut, getestet und danach bei der Firma IABG in Ottobrunn bei München in den Satelliten integriert. Der deutsche Beitrag wurde neben der Airbus Defence & Space GmbH maßgeblich vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik / Albert-Einstein-Institut (AEI) in Hannover geleistet und von der Max-Planck-Gesellschaft sowie dem DLR Raumfahrtmanagement im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) finanziert.

Kontakte
Martin Fleischmann  
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Raumfahrtmanagement, Kommunikation
Tel.: +49 228 447-120

Dr. Hans-Georg Grothues  
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Raumfahrtmanagement, Extraterrestrik
Tel.: +49 228 447-348



Raumfahrtmanagement im DLR: http://www.dlr.de/rd/

Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001