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Mittwoch, 12. Juli 2017

Junger Vulkanismus und hydrothermale Minerale auf dem Mars


Quelle: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona



  • DLR-Planetenforscher entdeckt in Kooperation mit internationalen Wissenschaftlern Vulkanismus im Inneren der Valles Marineris auf dem Mars.
  • Die Studie geht davon aus, dass die Vulkankegel nur etwa 200 bis 400 Millionen Jahre jung sind.
  • Schwerpunkt(e): Raumfahrt, Planetenforschung, Mars
Eine der auffallendsten Landschaftsformen auf dem Mars ist der riesige Schildvulkan Olympus Mons, der sich bis zu 26 Kilometer über die ihn umgebenden Ebenen erhebt. Er ist Bestandteil der Tharsis-Aufwölbung, einer Vulkanprovinz, die so groß wie ganz Europa ist. Vulkanismus ist ein weit verbreitetes Phänomen auf dem Mars. Am Ostrand von Tharsis nimmt eine zweite geologische Struktur mit gewaltigen Dimensionen ihren Ausgang: Das Talsystem der Valles Marineris, das sich fast 4000 Kilometer entlang des Äquators erstreckt und dessen tektonischen Grabenbrüche bis zu zehn Kilometer tief sind. Seit Jahrzehnten rätseln die Wissenschaftler, ob Vulkanismus auch im Inneren der Valles Marineris tätig war. Nun haben vier Wissenschaftler, darunter Ernst Hauber vom DLR-Institut für Planetenforschung, ein Gebiet mit 130 kleinen Vulkanen auf dem Grund der Valles Marineris entdeckt.
In ihrer Studie, die in der Publikation "Earth and Planetary Science Letters" erschien, zeigen die Marsforscher um Petr Brož von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, dass sich in der Schlucht Coprates Chasma, einer der tiefsten Stellen der Valles Marineris, eine große Anzahl Vulkankegel und erstarrter Lavaströme existiert. Ihr Befund basiert auf der Auswertung von hoch aufgelösten Bildern der NASA-Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter (MRO), auf denen die Tuff- und Aschekegel zu sehen sind. Diese Art von Vulkane sind auch auf den Kontinenten der Erde die häufigsten Förderzentren von Lava. Allerdings waren sich die Autoren der Studie bei ihrer Interpretation der Natur der Vulkane zunächst nicht ganz sicher. Petr Brož, der Erstautor der Studie, sagt dazu: "Die bis zu 400 Meter hohen Kegel wurden auch schon als Schlammvulkane interpretiert. Wir beobachten aber morphologische Details wie das Aufwölben erstarrter Lava durch die Injektion jüngerer Lava unter der erkalteten Kruste oder charakteristische Oberflächenmuster, die denen von Lavafeldern auf der Erde gleichen. Das bestärkt uns in der Annahme, dass es sich hier in der Tat um magmatischen Gesteinsvulkanismus handelt, und nicht um flüssigen Schlamm."
"Auch die räumliche Verteilung der Kegel deutet darauf hin, dass sie vulkanischen Ursprungs sind", ergänzt DLR-Planetengeologe Ernst Hauber. "Sie scheinen gehäuft entlang tektonischer Bruchstrukturen aufzutreten, die an der Oberfläche den Grabenbruch haben entstehen lassen, und deren Bruchflächen sich im Untergrund fortsetzen und dort für das Magma Aufstiegswege schaffen." Vor allem aber die Ähnlichkeit der Form dieser Kegelberge in Coprates Chasma mit Vulkankegeln an anderer Stelle auf dem Mars, wo kein Schlammvulkanismus möglich ist, aber auch auf der Erde ist für die Autoren ein starkes Argument dafür, dass es sich um echte Vulkane handelt.
Vulkankegel im jugendlichen Alter
Neben der Entdeckung der Vulkane im Talgrund des östlichen Teils der Valles Marineris ist deren junges Alter die zweite Überraschung dieser Untersuchung. "Geologisch betrachtet sind die Vulkankegel noch sehr jung, gerade einmal 200 bis 400 Millionen Jahre alt", erklärt Gregory Michael von der Freien Universität Berlin, einer der vier Autoren der Studie. Mit der ursprünglichen Entstehung der Valles Marineris haben die Vulkane in Coprates Chasma demnach nichts zu tun, da sie viel jünger sind. Die Wissenschaftler können anhand der Häufigkeit von Einschlagskratern in den umliegenden Ebenen das maximale Alter von geologischen Einheiten bestimmen. Die Methode beruht auf der Tatsache, dass sich umso mehr Krater auf einer Fläche anhäufen, je länger sie dem Bombardement von Asteroiden und Meteoriten ausgesetzt ist. Sieht man fast keine Krater, so spricht dies für ein geologisch sehr junges Alter.
Die Hauptphase vulkanischer Aktivität auf dem Mars spielte sich aber bereits in der Frühphase des Planeten vor etwa 3,5 Milliarden Jahren ab. Zwar gab es auf Aufnahmen der DLR-Stereokamera HRSC auf Mars Express immer wieder auch Hinweise auf Vulkanismus auf dem Mars, der jünger als eine halbe Milliarde Jahre alt ist, doch ist dieser Vulkanismus eher die Ausnahme und ereignete sich in der Regel in einer der bekannten vulkanischen Provinzen. Die Entdeckung von jungem Vulkanismus aus dem Marszeitalter der Amazoniums im Südosten der Valles Marineris, in Coprates Chasma, also mehrere Tausend Kilometer von der Mitte der Vulkanprovinz Tharsis entfernt, zeigt nun, dass Vulkane auch weit entfernt von den großen vulkanischen Zentren Tharsis oder Elysium spät in der Marsgeschichte entstehen konnten.
Eine potentielle Fundstätte für fossiles Leben
Um mehr über die Zusammensetzung der Laven und der Vulkankegel herauszubekommen untersuchten die vier Wissenschaftler das Gebiet Coprates Chasma zusätzlich mit dem abbildenden Spektrometer CRISM (Compact Reconnaissance Imaging Spectrometer for Mars) auf der Marssonde MRO. Dabei stießen sie auf Minerale mit hohem Siliziumanteil, an einem der Kegel sogar auf opalartige Substanzen - Opale sind amorphe, wasserhaltige Silikatminerale, die keine Kristallstruktur ausgebildet haben. Eine solche mineralogische Zusammensetzung kann durch sogenannte hydrothermale Prozesse entstehen, wenn also Minerale aus übersättigten heißen Lösungen ausfallen und mineralisieren. Das macht Coprates Chasma auch für astrobiologische Untersuchungen interessant, denn auf der Erde finden in einer solchen warmen, Energie spendenden und mineralreichen Umgebung Mikroorganismen eine ideale Umgebung vor.
Diese Beobachtung lässt das Vulkanfeld von Coprates Chamsa auch für eine zukünftige Untersuchung hinsichtlich der Frage interessant erscheinen, ob auf dem Mars in solchen warmen, wässrigen Umgebungen Leben entstanden sein könnte. Von der Erde weiß man, dass in opalinen Mineralgemeinschaften potentielle Spuren früheren Lebens gut erhalten werden. Deshalb könnten diese Opale auch auf dem Mars eine potentielle Fundstätte für sogenannte Biosignaturen darstellen. "Coprates Chasma wäre nicht nur wegen der Frage nach einst vorhandenem Leben auf dem Mars interessant. Die Gegend wäre in vielerlei Hinsicht eine ausgezeichnete Landestelle für zukünftige Marsrover", sagt Ernst Hauber. "Hier könnten wir viele wissenschaftlich wichtige und interessante Dinge untersuchen. Durch die Analyse von Proben könnten wir über die Isotopenverhältnisse der Elemente die Zeit, in der die Vulkane tatsächlich aktiv waren, viel genauer bestimmen. An den hohen, steilen Abhängen ist die geologische Entwicklung der Valles Marineris wie in einem Geschichtsbuch aufgeschlagen: Wir sehen dort Schichten aus Gips und Lagen aus altem Krustengestein, und Hinweise darauf, dass hier flüssiges Wasser eventuell noch heute im Untergrund in der warmen Jahreszeit die Hänge hinabsickert. Viel mehr an Marsgeologie geht nicht!"

Kontakte

 

Manuela Braun 
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
 
Kommunikation, Redaktion Raumfahrt
 
Tel.: +49 2203 601-3882
 
Fax: +49 2203 601-3249
Ulrich Köhler 
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
 
DLR-Institut für Planetenforschung
 
Tel.: +49 30 67055-215
 
Fax: +49 30 67055-402
Ernst Hauber 
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
 
Institut für Planetenforschung
 
Tel.: +49 30 67055-325
 
Fax: +49 30 67055-402

Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001