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Mittwoch, 19. Juli 2017

Bam nach dem Erdbeben: Die iranische Archäologin Dr. Leila Papoli Yazdi berichtet über ein außergewöhnliches archäologisch-ethnologisches Projekt in der 2003 zerstörten Stadt

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Den Betroffenen helfen und das zeitgenössische Leben archivieren – das Doppelziel des archäologisch-ethnologischen Modellprojekts "Bam after the earthquake". Foto: L. Papoli Yazdi




















Augsburg/KPP – Ihren Abstecher nach Augsburg, der sich kurzfristig ergeben hat, nutzt die iranische Archäologin Dr. Leila Papoli Yazdi – derzeit Humboldt-Stipendiatin an der FU Berlin), um gemeinsam mit ihrem Kollegen Dr. Omran Garazhian in einer Sonderveranstaltung des Altertumswissenschaftlichen Kolloquiums zum Thema "Bam post-earthquake context: ethnoarchaeology and contemporary archaeology" zu referieren. Der öffentliche Vortrag beginnt am 20. Juli 2017 um 18.15 Uhr im Raum 2006 der Historisch-Philologischen Fakultät, Universitätsstraße 10 (Gebäude D). Der Eintritt ist frei.


Die im südöstlichen Iran gelegene Stadt Bam wurde am 26. Dezember 2003 von einem verheerenden Erdbeben zerstört. Mehr als 40.000 Einwohner kamen ums Leben, unzählige wurden verletzt. Leila Papoli Yazdi und Omran Garazhian - heute Assistant Professor an Neyshabour University, Iran – waren damals Doktoranden in frühgeschichtlicher Archäologie an der Universität Teheran. "Als wir im Fernsehen die Berichte aus Bam sahen, war uns klar, dass wir hier nicht einfach nur Zuschauer bleiben konnten. Wir stellten uns", erzählt Papoli Yazdi, "die Frage, welche aktive Rolle die Archäologie bzw. wir als Archäologen hier übernehmen könnten." Dreißig Tage nach dem Beben waren die Teheraner Doktoranden dann vor Ort, und unter dem Titel "Bam after the earthquake" entwickelten sie ein außergewöhnliches archäologisch-ethnologisches Modellprojekt mit dem Ziel, einerseits den Bewohnern vor Ort bei der Verarbeitung der Katastrophe zu helfen und andererseits gleichzeitig das zeitgenössische Leben in Bam zu archivieren.

Knapp vierzehn Jahre später berichten Papoli Yazdi und Garazhian im Altertumswissenschaftlichen Kolloquium der Universität Augsburg über dieses Projekt, seinen Verlauf und insbesondere auch über die Schwierigkeiten, es unter politischen Verhältnissen durchzusetzen, wie sie in den zurückliegenden eineinhalb Jahrzehnten im Iran herrschten und herrschen. Zur Sprache kommen dabei auch die wissenschaftlichen Arbeitsbedingungen im Nahen Osten ganz allgemein. Und schließlich geben die beiden iranischen Gäste auch Einblick in die methodischen Prämissen einer archäologischen Sub-Disziplin, die zeitgenössische Zerstörungsszenarien untersucht.

Zum Vortrag "Bam after the earthquake: the story of an avant-garde archaeological project in a tyrannical context" am 20. Juli 2017 um 18.15 Uhr im Raum 2006 der Historisch-Philologischen Fakultät (Universitätsstraße 10, Gebäude D, 86159 Augsburg) laden Prof. Dr. Natascha Sojc (Klassische Archäologie) und Prof. Dr. Gregor Weber (Alte Geschichte) alle Interessierten herzlich ein. Der Eintritt ist frei.

Ansprechpartnerin:Prof. Dr. Natascha Sojc
Telefon +49(0)821/598-5549
natascha.sojc@philhist.uni-augsburg.de

Was die anderen Hochbegabten anders machen – ein Beispiel aus der Wirtschaft für die Politik


Foto: Ralf Voigt


Man erkennt sie.

Es sind die kleinen Einsteins, die Picassos und die Mozarts. Sie lesen schon mit sechs Jahren „The New York Times“, korrespondieren mit fünf Jahren in Mandarin und spielen mit vier Jahren die Spatzenmesse in C-Dur. Später studieren sie dann bereits mit 14 an einer Uni und werden jüngster Professor oder jüngste Professorin.

Man kennt sie.

Dann gibt es noch die anderen.

Ihre Begabung ist nicht so offensichtlich. Oder: offensichtlich nur für Eingeweihte. Für Kennerinnen und Kenner. Wahrscheinlich stehen sie nicht in einem Labor. Ob sie mit dem Pinsel umgehen können? Seien Sie tapfer: Wohl eher nicht so. Ob sie eine Stradivari zu schätzen wissen? Hm.

Und doch haben sie ihre Begabung. Erkennbar wie gesagt fast nur für Eingeweihte.

Ein Beispiel: Ich war Mitglied in einem Verband, der das Wort „Wirtschaft“ in seinem Namen trägt. Es ging um ein Thema, das alle Menschen bewegt. Wirklich alle. Wirklich jeden. Es ging um Politik. Und um den Anlauf zu einem neuen Gesetz. Man diskutierte. Und fragte sich, wie man denn überzeugend argumentieren könnte.

Ich erwähnte den Gedanken einer Befragung. Sie kennen das: In jeder grösseren Stadt stehen diese Interviewer auf der grossen Einkaufsstrasse und wollen wissen, welche Zahnpasta, welches Waschmittel, welche Automarke Sie bevorzugen. Strasseninterviews nennen wir das. Wir, das sind meine Kolleg*innen aus der Marktforschung und ich. Ich hatte damals ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung. Unsere Klienten aus der Politik und Wirtschaft waren bekannt und angesehen und wir waren stolz darauf, für sie forschen zu dürfen.

In meinem Verband war das bekannt.

Ja. Sagte man: Eine Befragung auf der Strasse ist ein überzeugendes Argument. Wir – wer auch immer „wir“ sein sollte – wir stellen uns auf die Strasse und befragen die Menschen. Und dann geben wir – und das war der Sinn der Sache – das Ergebnis an den OB der Stadt. Einer von meinen Kollegen im Verband meinte dann: Ob wir wohl 50 Menschen dazu bewegen können, mit uns zu reden?

Wie, sagte ich: 50 Menschen?

Ja. Sagten die anderen. 50 Menschen wäre eine tolle Sache.

Klar sind 50 Menschen eine tolle Sache. Aber: Wie wollen wir einen OB mit den Stimmen von 50 Menschen motivieren, ein neues Gesetz in Gang zu bringen? Nach einer halben Stunde hatte man sich auf 100 Menschen geeinigt. Mit dem Zusatz: Ob wir das wohl schaffen werden?

Warum so zaghaft?

Die Jungs und Mädels, die hier zusammen sassen, waren die Menschen, die täglich über Millionen entschieden. Ihre Denkweisen waren nicht 100 oder 1.000. Es waren 1.000.000 und mehr!

Mir war klar, dass ich meine lieben Kolleginnen und Kollegen jetzt schockieren musste. Nicht weil ich Schocks mag – aber ich musste ihnen schon sagen, wie so etwas in der Realität funktioniert. Dass man an den verantwortlichen Stellen – sorry – 100 Menschen als Beweis nicht gelten lassen wird. Man wird schmunzeln und zur Tagesordnung übergehen.

Noch bevor ich den Gedanken: „Wie sag‘ ich es das denn jetzt?“ zu einem Satz modellieren konnte, war es raus:

1.000 INTERVIEWS!
1.000 Interviews?

Das Entsetzen war gross. Nur unser Präsident war begeistert. Und dann ging das los, was zumeist los geht, wenn ein Hochbegabter – eine Hochbegabte – eine Idee und einen Weg vor Augen hat: GEHT NICHT! FUNKTIONIERT NICHT! SCHAFFEN WIR NICHT! WIR SIND DOCH NICHT VERRÜCKT! WER SOLL DAS DENN ALLES ZAHLEN?

Ich hörte mir das eine Stunde an, während ich das Konzept schrieb, die Umsetzung des Konzepts plante und einen Entwurf für den Fragebogen entwarf. Unser Präsident hatte mich aus den Augenwinkeln beobachtet und rief mich auf – nach vorne zu kommen und die Einzelheiten zu präsentieren. Gesagt. Getan.
Wir fanden über 50 Mitglieder aus dem Wirtschafts-Verband, die mitmachten. Manager*innen, die ich mit meinem Team für diesen Einsatz schulte. Es waren wohl die Interviewer*innen mit den höchsten Stundenlöhnen, die hier und heute ehrenamtlich auf die Strasse gingen und sehr mutig die Menschen nach ihrer Meinung befragten.

Um Mitternacht hatten wir 1.037 Interviews geschafft. Alle von meinen Forscherkollegen und mir kontrolliert. Alle perfekt. Es war ein harter Job – aber selten habe ich ein Team von fast 100 „Mitarbeiter*innen“ so begeistert arbeiten gesehen.

Am nächsten Morgen wurde noch einmal kontrolliert. Und dann gingen die Fragebögen ins Rechenzentrum zur Uni. Ich schrieb dazu einen Bericht für die Präsentation. Mein Team zeigte einen bewundernswerten Einsatz. Und so konnte ich meiner Assistentin auch nicht die Bitte abschlagen, die Ergebnisse beim OB präsentieren zu dürfen.

Der OB schien sehr zufrieden. Und so wanderten unsere Ergebnisse weiter „nach oben“. Und so wurde aus unserer Idee der Beweis, dass die Menschen diese Verbesserung ihres Alltags wirklich wollten.

Schliesslich wurde aus dem Beweis ein Gesetz in Deutschland, das jedem Menschen den Alltag etwas besser macht. Zur Freude der Menschen.
Nein, so faszinierend wie ein Picasso ist dieses Gesetz nicht.

Aber es erleichtert seitdem allen Menschen ihr Leben. Und das Tag für Tag in Deutschland.

Wenn Sie Unternehmer*in sind: Gründen Sie einen Think Tank mit Ihren Hochbegabten und allen, die mutig sind und gross denken und handeln können. Dann sind Sie nicht nur Ihre Probleme los. Sie haben auch die Chance, die Welt ein bisschen besser machen zu können.

Was sagte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961 in Washington, D.C.:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt (…) fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“[1]

Lilli Cremer-Altgeld
Mobil 0049 1575 5167 001